Solidarisches Brühl – Gemeinsam für den Erhalt der Kaufhof-Filiale

Mit vereinten Kräften wehren sich Mitarbeiter, Bürger, Rat, Verwaltung und WEPAG gegen die drohende Schließung der für die Innenstadt so wichtigen Kaufhof-Filiale am 31. Oktober. Alle verbindet das gemeinsame Ziel, die Schließung des seit 44 Jahren erfolgreichen Warenhauses im Herzen Brühls doch noch abzuwenden.

von Hans Peter Brodüffel

„Ich habe 1976 den Kaufhof mit aufgebaut und muss ihn jetzt mit schließen. Nach 44 Jahren nun die Arbeitslosigkeit. So einen Abschied habe ich mir nicht erträumt. Ich wollte eigentlich in Würde gehen.“ (Karl-Heinz F.) „Ich war glücklich, nach einem Jahr Arbeitslosigkeit im Kaufhof einen neuen Job gefunden zu haben. Die Arbeit ist abwechslungsreich und macht Spaß. Ich habe super nette Kollegen. Da ich hier in Brühl wohne, bin ich auch seit vielen Jahren Kundin. Ich kann nicht glauben, dass hier wirklich Schluss sein wird.“ (Martina T.) Zwei von bewegenden persönlichen Aussagen, die bei der Demonstration der Mitarbeiter an Schaufensterpuppen angehefteten Plakaten zu lesen waren. Mit Trommel und Trillerpfeifen protestierten die Mitarbeiter gegen die drohende Schließung der Brühler Kaufhof-Filiale am 31. Oktober. Über 100 Brühlerinnen und Brühler solidarisierten sich mit den Forderungen der Mitarbeiter und trugen sich in entsprechende Unterschriftslisten ein. „Ich habe Tränen in den Augen in Anbetracht dieser großen Solidarität der Brühler Bevölkerung mit den Mitarbeitern“, sagte Peter Zysik, stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats, in seiner kämpferischen Rede vor dem Kaufhof. Und: „Wir werden keine Ruhe geben. Wir werden weiter kämpfen, bis die Schlie – ßung vom Tisch ist.“ Mehrere Brühlerinnen und Brühler zeigten ihre Solidarität auch mit Transparenten und Pappschildern. „Wir brauchen den Kaufhof“ und „Der Kaufhof gehört zu Brühl“ war darauf zu lesen. Hajo Schmitz-Kretschmer: „Ich wohne seit acht Jahren in Brühl und habe den Kaufhof immer als eine Belebung der Innenstadt empfunden. Der Kaufhof gehört zu Brühl. Eine Schließung würde eine Verödung der Innenstadt bedeuten.“ Auch Frank Pohl, stellvertretender Vorsitzender der WEPAG, bewertet eine mögliche Schließung als Katas trophe für Brühl. Der Kaufhof und die kleineren Geschäfte hätten sich stets gut ergänzt. „Ich finde es unanständig, öffentlich die Häuser zu benennen, die geschlossen werden sollen und dann wieder Häuser von der Liste zu nehmen, weil Gemeinden und Vermieter und vermutlich auch das Personal Zugeständnisse machen. In unserem Fall ist der Vermieter ein niederländischer Investor, der wohl die profitabelste Lösung sucht.“ Eigentümerin und Vermieterin der Brühler Kaufhof-Filiale ist die „Sunrise SC B.V.“ im niederländischen Hilversum.

Ein Zehntel der Einzelhandelsfläche

Seit Veröffentlichung der Liste der zur Schließung anstehenden Filialen am 19. Juni sind Bürgermeister Dieter Freytag und das Team der Wirtschaftsförderung mit allen Beteiligten im Gespräch, um eine Schlie ßung noch zu verhindern. Der Kaufhof in Brühl stellt mit rund einem Zehntel der gesamten Brühler Einzelhandelsfläche den größten Kundenanker in der Innenstadt dar. Die Verwaltung ist im Gespräch mit der Geschäftsführung und dem Betriebsrat der Kaufhof-Filiale vor Ort und hat die Beschäftigten bei der Einreichung der über 7.800 Unterschriften für den Erhalt des Kaufhofes in Brühl unterstützt. „Natürlich haben wir uns auch an die Karstadt Kaufhof-Zentrale in Essen und den Eigentümer des Grundstücks gewendet. Des Weiteren stehen wir in Verbindung mit der Landesministerin, dem Städte- und Gemeindebund und einem Netzwerk der betroffenen Kommunen. Mit der Agentur für Arbeit haben wir ebenfalls Kontakt aufgenommen. Von dort werden bereits Beratungsgespräche mit den Mitarbeitern geführt“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Das gesamte Verwaltungsengagement ist darauf ausgerichtet, die Brühler Kaufhof-Filiale im Sinne der Belegschaft und der Stärkung der Innenstadt in Brühl zu halten“, betonte Bürgermeister Dieter Freytag. Im Rahmen eines kurzfristig anberaumten Treffens im zuständigen Landesministerium, an dem auch Gerd Schiffer, Technischer Beigeordneter der Stadt Brühl, teilnahm, war allerdings nichts zu erfahren, was berechtigte Hoffnung macht.

Klaffende Wunde in der Innenstadt

Auch CDU-Fraktionschef Holger Köllejan bedauert die Entscheidung der Konzernzentrale außerordentlich und hofft trotz aller Widrigkeiten, dass der Verbleib der Kaufhof-Filiale möglich ist. „Das ist das Ziel und das hat auch die höchste Priorität. Sollte der traurige Fall der Schließung eintreten, erwarte ich einen respektvollen und sozialverträglichen Umgang mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Den Betroffenen muss dann geholfen werden. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung als Führungskraft im Personalbereich habe ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die zum Teil schon sehr lange beim Kaufhof tätig sind, eine – selbstverständlich kostenlose – Schulung zur Erstellung der Bewerbungsunterlagen und zur Vorbereitung auf Bewerbungsgespräche angeboten“ so Köllejan, der mit dem Weggang des Kaufhof eine klaffende Wunde im Herzen der Brühler Innenstadt befürchtet. Gleichzeitig bringt er erste Denkansätze ins Spiel. „Unverzügliches Handeln wäre dann unumgänglich. Wir müssen bestrebt sein, möglichst schnell eine Einigung mit den Eigentümern für die Entwicklung der Fläche zu erzielen. Dafür stehen grundsätzlich Fördermittel der Landesregierung zur Verfügung. Ein Handelsgeschäft in vergleichbarer Größe fortzuführen, erscheint heute nicht zeitgemäß. Daher muss das Konzept überarbeitet werden. Eine neue nachhaltige Mischnutzung aus Handel und Supermarkt, Hand werk, Dienstleistung und Gastronomie, gepaart mit Parkraum für PKWs und Fahrräder und Wohnraum, z.B. zur Umsetzung unseres Antrags „Leben im Quartier im Alter und mit Einschränkungen“, muss betrachtet werden.“ Die Beschäftigten des Kaufhofs werden – mit großem Rückhalt aus Politik und öffentlichem Leben in Brühl – den Kampf für den Erhalt des Kaufhofs jedenfalls fortführen. Silke Brück vom Betriebsrat: „Wir kämpfen weiter. Aufgeben kommt nicht in Frage.“