Gisela Steinhauers Buchpremiere – „Schräge Vögel mochte ich schon immer“

Seit 30 Jahren moderiert Gisela Steinhauer für den WDR. Vor kurzem hat die passionierte Rodenkirchnerin ihr erstes Buch veröffentlicht. „Der schräge Vogel fängt mehr als den Wurm“ erzählt Geschichten von Charakterköpfen mit Mut zum Neuanfang.

Von Heike Breuers

In Aachen wächst Gisela Steinhauer in einem Drei-Generationen-Haushalt auf und erlebt dort eine unbeschwerte Kindheit. Beste Voraussetzungen eigentlich für einen klaren Lebensweg. Doch sie hadert: „Über eine sehr lange Zeit wusste ich selber nicht, was ich wollte und welchen Sinn die ganze Veranstaltung Leben haben könnte. Ständig war ich auf der Suche nach Abwechslung, nach Extremen, nach Neuem. Mein ausgeprägter Freiheitsdrang ließ keine festen Bindungen zu. Schon immer waren mir unangepasste Menschen am liebsten, schräge Vögel eben. In Kreisen von Lacoste-Pullunder-Trägern fühlte ich mich damals genauso wohl wie mit Parka-Typen“, erzählt Gisela Steinhauer.

Ausgezeichnet

Talente hat sie viele. Ihr größtes? Zuhören können. Ihr zweitgrößtes? Gerne fragen. Genau diese beiden Talente führen sie zu ihrem Beruf. Nach ihrem Studium bereiste die Germanistin und Publizistin zunächst für eine Zeitschrift des Hilfswerkes MISSIO die halbe Welt. Bei WDR 2 moderierte sie das Morgenmagazin, das Mittagsmagazin, den MonTalk. Seit 2007 begeistert sie mit ihrer eigenen Radiosendung „Sonntagsfragen“. Hierfür wurde sie mit der höchsten Radioauszeichnung, dem „Deutschen Radiopreis“, in der Kategorie „Bestes Interview“ ausgezeichnet. „In den Sonntags-fragen treffe ich Menschen, die keine Promis sind, mich aber trotzdem faszinieren. Ausgerechnet eine Sterbebegleiterin löste hier mein bisher größtes Hörer-echo aus. Hier traf ich auch den Psychologen Bas Kast zu dem Gespräch, das mir den Deutschen Radiopreis einbrachte“. Darüber hinaus moderiert sie im Team vom „Tischgespräch“ auf WDR 5 und im Team vom „Gespräch“ bei Deutschlandfunk Kultur in Berlin. Seit 21 Jahren pendelt sie zwischen Köln und Berlin. In Köln lebt die gebürtige Aachenerin seit 1990. Nach 10 Jahren sehnt sich Steinhauer nach mehr Ruhe und zieht von der Altstadt in die Aue nach Rodenkirchen. „Hier fühle ich mich sauwohl. An Rodenkirchen mag ich einfach alles. Das Dörfliche, ohne dass es piefig ist, die perfekten Einkaufsmöglichkeiten, ohne dass man in die große Stadt fahren muss, die Märkte, die Menschen, das nachbarschaftliche Miteinander. Die dröhnenden Jetski-Motoren auf dem Rhein nerven allerdings. Warum müssen Tausende im Sommer unter deren Krach leiden? Verstehe ich nicht“, so Steinhauer empört.

Premiere

Ende August feierte Gisela Steinhauer ihre Buchpremiere mit einer Kombination aus Talk und Lesung auf der „MS Rodenkirchen“. Die Wahl der Location kommt nicht von ungefähr, ist es doch Steinhauers Lieblingsplatz im Kölner Süden. Rund 150 geladene Gäste durften den lockeren, aber auch tiefsinnigen Zwiegesprächen zwischen Gisela Steinhauer und Jörg Thadeusz lauschen. Hier kam heraus, dass der Buchtitel auf einer Idee von Franz-Josef Baldus beruht. Er war der erste Junge, der sie in der Tanzstunde aufgefordert hat. „Der schräge Vogel fängt mehr als den Wurm“ beschäftigt sich mit der Frage, wann und wie sich entscheidet, ob man ein Lebensbejaher, ein Lebensverneiner oder ein Lebensvertrödler wird. Wer taugt dann als Kompass? Influencer, die sich super finden und eine 24 Stunden- Doku aus sich machen? Aktivisten, die in der Tagesschau landen? Oder die Stillen, die in der zweiten Reihe sitzen? Für die Autorin ist die Antwort klar: „Die originellsten Wege zeigen schräge Vögel, die ihre Flugrichtung ändern. Vielen davon bin ich auf meinen Reportage-Reisen begegnet und sie haben mich begeistert. In meinem Buch treffen sie aufeinander. Der U-Boot-Kommandant, der Schamane wurde, die Bembel-Töpferin, die Wüstenführerin im Sinai wurde oder die Krefelder Schneiderin, die mit einer Sechs in Französisch nach Paris zog und heute ein exzellentes Restaurant in Frankreich betreibt. Warum also sollte ich Menschen interviewen, die sich nur für sich selbst interessieren?“