Demokrat und Freiheitskämpfer aus Erftstadt – Carl-Schurz-Büste geht nach Berlin

Am 3. März 2022, einen Tag nach dem 193. Geburtstag von Carl Schurz, übergibt im Schloss Bellevue eine vierköpfige Delegation um Bürgermeisterin Carolin Weitzel eine Replik der Liblarer Büste des wohl bedeutendsten Sohnes Erftstadts an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

von Claudia Scheel

Ein Glücksfall für Erftstadt

„Revolutionär, Fluchthelfer, Emigrant, Wahlhelfer für Abraham Lincoln, amerikanischer Botschafter, General, Innenminister“ – mit diesen Worten umreißt der Schriftsteller Uwe Timm Carl Schurz` bewegtes Leben. Am 2. März 1829 in der Vorburg von Schloss Gracht geboren, verbrachte der Dorfschullehrersohn in Liblar eine glückliche Kindheit. Den Ausbruch der bürgerlichen Revolution von 1848/49 erlebte Schurz als Student der Philologie und Geschichte an der Universität Bonn. Er schloss sich dem revolutionären Kreis um den charismatischen Professor Gottfried Kinkel an, den er 1850 aus preußischer Gefangenschaft befreien sollte. Dem abenteuerlichen Unterfangen schloss sich eine Zeit des Exils in der Schweiz, Paris und London an, wo Schurz seine freiheitlich-demokratischen Ideale weiterhin verfolgte. Diese konnte er aber erst in den USA verwirklichen: Schurz kämpfte als General im Amerikanischen Bürgerkrieg für die Abschaffung der Sklaverei, setzte sich für die indigene Bevölkerung und die Natur ein, wurde Senator von Missouri und als erster nicht in den USA geborener Bürger Innenminister der Vereinigten Staaten. So zählt Carl Schurz zu Recht zu den 30 mutigen Frauen und Männern, die ein von Frank-Walter Steinmeier herausgegebener Sammelband „Wegbereiter der deutschen Demokratie“ porträtiert. Als der Bundespräsident im vergangenen Juli aus Anlass der Flutkatastrophe Erftstadt besuchte, äußerte er den Wunsch nach einer Schurz-Büste für seinen Berliner Amtssitz, um den zahlreichen Bismarck-Denkmälern in der Hauptstadt das eines großen Demokraten entgegenzustellen.

Impulse für den Carl-Schurz-Kreis

Zum 100. Geburtstag Schurz` im Jahre 1929 wurde die vom Bildhauer Heinz Geier geschaffene Bronzebüste in der Kölner Kunstgießerei Schweitzer gegossen. Die materiell wie ideell wertvolle Büste stand viele Jahre auf dem Carl-Schurz-Platz nahe St. Alban. Bereits seit einiger Zeit hatten der im letzten Jahr verstorbene Gründer des Carl-Schurz-Kreises Walter Keßler und Erftstadts Stadtarchivar Dr. Frank Bartsch angemahnt, zum Schutz des Originals vor Diebstahl oder Vandalismus eine Replik der Büste anfertigen zu lassen. Sie stießen damit bei der Stadt auf offene Ohren: Anfang des Jahres erfolgte der Büstenguss durch die Gießerei Schweitzer, mittlerweile in vierter Generation geführt. So entstanden zwei Repliken von annähernd 100-prozentiger Übereinstimmung mit dem Original. Ein Exemplar geht nach Schloss Bellevue, ein zweites wird nach der Sanierung des Carl Schurz-Platzes am alten Standort aufgestellt. Im Liblarer Rathaus findet die Originalbüste einen geschützten Platz. Für die Arbeit des Carl-Schurz-Kreises, der sich seit 1978 dafür einsetzt, das Andenken an den Freiheitskämpfer aus Liblar lebendig und zukunftsfähig zu gestalten, sind Steinmeiers Interesse an Schurz und die damit verbundene mediale Aufmerksamkeit wichtige Impulse. Zudem hat der Verein mit der Wahl des neuen Vorsitzenden Alex Burchard einen Generationenwechsel eingeleitet. Ein Herzensanliegen des neuen Vorstandes ist es, Carl Schurz und sein Werk stärker in die Öffentlichkeit zu tragen und Erftstädter Bürger für dieses Thema zu gewinnen. So soll das von Walter Keßler in 45 Jahren zusammengetragene umfangreiche Archiv, für dessen angemessene Präsentation bislang keine Räumlichkeiten gefunden wurden, durch Digitalisierung gesichert werden. Auch die Planungen für das Jubiläumsjahr 2029 will der Carl-Schurz-Kreis in enger Kooperation mit der Stadt maßgeblich gestalten. Bei diesen Aufgaben sind dem Verein neue Mitstreiter herzlich willkommen.