Wiederaufbau in Erftstadt – Die Zeit läuft

Die Flutkatastrophe ist nicht nur für die Bürger eine immense Herausforderung. Auch die Stadtverwaltung hat bei der Beseitigung der Schäden im öffentlichen Raum eine große Aufgabe zu bewältigen. Leiter des Wiederaufbaustabes ist seit Ende Oktober Gerd Schiffer.

von Philipp Wasmund

Bekannt ist Gerd Schiffer vor allem bei Betroffenen der Flutkatastrophe. Geht er durch die Orte, wird er häufig angesprochen. Nicht selten, weil die Menschen von ihren persönlichen Sorgen berichten. „Meine Aufgabe ist eigentlich die kommunale Infrastruktur, aber ich gebe natürlich trotzdem gerne einen Rat, wo man Hilfe findet“, sagt er achselzuckend. „Zu einigen Bürgern in den schlimmsten Bereichen hat man da inzwischen auch ein besonderes Verhältnis aufgebaut.“ Es lasse ihn nicht kalt, durch Straßen zu gehen, die am Abend einer Geisterstadt ähnelten. Bereits kurz nach der Flutkatastrophe hatte sich die Stadtverwaltung den damaligen Beigeordneten der Stadt Brühl „ausgeliehen“, um vor allem bei der Koordination zur Sicherung Blessems auszuhelfen. Im Oktober wurde Gerd Schiffer vom Rat zum Leiter des Wiederaufbaustabes gewählt. Nur fünf Jahre haben die Städte Zeit, um die Flutschäden zu ermitteln und zu beseitigen, wenn sie vom Land und Bund finanzielle Unterstützung haben möchten. Eine Mammutaufgabe, auch weil es im Rathaus an Personal mangelt. „Die Mitarbeiter sind in allen Abteilungen sehr engagiert, aber die Belastung wird uns natürlich irgendwann einholen“, weiß der Verwaltungsfachmann. Schließlich müsse momentan manches liegenbleiben, was zum täglichen Geschäft gehört. Weiteres Personal zu bekommen, das sei schwierig. Bei den Sanierungsarbeiten geht es um Schnelligkeit und gleichzeitig um eine gute Planung. Schiffer hatte bereits frühzeitig zu bedenken gegeben, dass der zukünftige Hochwasserschutz beim Wiederaufbau eine wichtige Frage sei. „Aber der Wiederaufbau an Ort und Stelle wird trotzdem der Regelfall sein“, erzählt er. „Der Bliesheimer Sportpark ist ein Beispiel, er ist verbindendes Element für den Ort. Den wird an der Stelle keiner aufgeben wollen.“ Die Vereine hat Schiffer vordringlich besucht, um den Ehrenamtlern schnell Planungssicherheit zu geben. Schließlich gehört der Grund und Boden in der Regel der Stadt. „Eine gute Abstimmung ist da wichtig und wir beraten auch, wie Aufbau der Vereinsheime und Förderanträge klappen.“ Aber es gelte auch herauszufinden, wie das Wasser auf dem jeweiligen Gelände seine Zerstörungswut ausleben konnte, um besseren Schutz einzuplanen.

Millionenschäden

Noch sei nicht klar, wie viel Geld der Wiederaufbau kosten wird. Angemeldet hat die Stadt Erftstadt bis zu 115 Millionen Euro. Dafür werden städtische Einrichtungen, wie Kindertagesstätten repariert, aber auch öffentliche Einrichtungen, die nicht in städtischer Hand sind. Allein mehr als 40 Millionen Euro wird die Wiederherstellung des Marienhospitals kosten. Die Erftbrücken in Blessem müssen ersetzt werden, ebenfalls ein Millionenschaden. Einmal erneuert, sollen sie durch einen größeren Querschnitt bei Hochwasser sicherer werden. Alle Schäden konnten bisher noch nicht ermittelt werden.

Ein Grund sei der Autobahnverkehr, der erst seit Kurzem nicht mehr durch die Dörfer rollt. Welche Auswirkungen der monatelange Schwerlastverkehr hatte, steht noch nicht fest. Auch die Frage der Kiesgrube in Blessem, gehört in das neu geschaffene Ressort Schiffers. Er macht klar, dass ihm die Pläne, eine erneute Erosion zu verhindern, auf Dauer nicht ausreichen. Gerd Schiffer lebt seit Kindesbeinen in Erftstadt. „Auch ich möchte wieder mit einem guten Gefühl an der Erft Rad fahren können.“ Über die Sicherungsmaßnahmen an der Kante, welche die Stadt selbst umgesetzt hatte, zeigt sich Gerd Schiffer zufrieden. „Die ersten stärkeren Regenfälle haben gezeigt, dass die Böschungen gut angelegt wurden.“ Dass die Skepsis in der Bevölkerung hoch sei, ob sich um einen besseren Hochwasserschutz genug gekümmert werde, kann er nachvollziehen. „Da bitte ich um einen Vertrauensvorschuss.“ Schnelle Lösungen seien gefragt, für die er sich einsetzen möchte. So habe das Rückhaltebecken in Niederberg gute Dienste geleistet. „Aber es hat zwanzig Jahre von der Planung bis zur Nutzung gedauert. So lange können wir nicht warten.“ Der Wiederaufbauleiter richtet einen Appell an „alle Beteiligten in Ministerien, Behörden und dem Erftverband.“ Es brauche eine Einigung darüber, was nun getan werden muss. Dafür hat die Stadt mit Professor Benner einen Berater hinzugezogen, um eigene Ideen einzubringen. „Die Frage wird sein, ob wir auch Gehör finden.“