Peter Urban – 12 Points

Kommentatoren-Legende hört nach 25 Jahren ESC auf

Am 13. Mai um 21 Uhr ist es wieder soweit. Dann wird uns in der ARD eine freundliche Stimme begrüßen und dreieinhalb Stunden lang kenntnisreiche und ironische Kommentare abgeben. Denn am 13. Mai ist das Finale des Eurovision Song Contest (ESC). Und am Mikrofon sitzt Peter Urban (75) – zum letzten Mal. Der Musikjournalist macht Schluss. Über Stars, Sternchen, Höhepunkte und Misserfolge haben wir mit ihm gesprochen.

von Christof Ernst

Er hört den Ausdruck nicht gern. Aber Peter Urban ist durchaus ein Urgestein der TV- und Radiounterhaltung. Er hat nicht nur ein Vierteljahrhundert lang den ESC moderiert, sondern beschäftigt sich seit über 50 Jahren mit Pop, Rock und Jazz, hat die Größten der Branche persönlich kennengelernt. Dazu später mehr. Aktueller Fixpunkt ist der ESC, der dieses Mal aus Liverpool übertragen wird. Letztes Jahr gewann zwar der ukrainische Beitrag. Aber wegen des russischen Angriffskrieges ist eine Live-Übertragung zu riskant. Deshalb haben die Engländer als Zweitplatzierte die Austragung übernommen.

„Lena hätte auch mit einem anderen Lied gewonnen“

Peter Urban ist ehrlich: „Wenn ich dann am Ende den letzten Satz gesprochen habe, werde ich schon ein bisschen sentimental sein. Immerhin habe ich ein Drittel meines Lebens damit verbracht, den Song Contest zu kommentieren.“ Er hat durchaus Hoffnung, dass der deutsche Beitrag der Band „Lord Of The Lost“ besser abschneidet als die Kandidaten der letzten Jahre, die die letzten Plätze abonniert zu haben schienen. „Immerhin bringen wir etwas Ungewöhnliches an den Start und keine MainstreamNummer, die im Angebot untergeht. Man muss auffallen und etwas Besonderes bieten, um überhaupt in die Top-Ten der Wertungen zu kommen.“ Aber mit Prognosen hält sich der gewiefte Musikkenner aus gutem Grund zurück: „Ich habe mehr als einmal falsch gelegen.“ Selbst beim grandiosen Sieg von Lena 2010 in Oslo hatte Urban zwar nach den Proben mit einem vorderen Platz, aber nicht unbedingt mit dem Sieg gerechnet. Entscheidend war Lenas Auftritt. „Ihr Charme, ihre Lockerheit und ihre unbekümmerte Ausstrahlung waren grandios“, sagt er. „Der Song war gar nicht so wichtig. Lena hätte auch mit einem anderen Lied gewonnen.“

Für Peter Urban ist Harry Belafonte der Größte

Damit schließt sich für Urban das ESC-Kapitel, aber als versierter Musikjournalist wird er weiterarbeiten. Er moderiert wie die letzten fünf Jahrzehnte Pop-Sendungen beim NDR, hat einen eigenen Podcast, „Urban Pop“, und hat sich selbst ein Geschenk zum 75. Geburtstag am 14. April gemacht: Seine Autobiographie „On Air – Erinnerungen an mein Leben“. Darin geht es natürlich auch um den ESC, aber der Schwerpunkt liegt auf Urbans Treffen mit den Größten der Rock- und Pop-Welt. Ob Elton John, Bruce Springsteen, David Bowie, Sting oder Keith Richard: Der Mann aus Hamburg hat sie alle getroffen. Einer stach hervor: Harry Belafonte. Urban: „Er ist nicht nur künstlerisch ein ganz Großer, sondern auch menschlich eine großartige Person. Es reicht gar nicht aus, ihn als freundlich zu bezeichnen. Er ist emotional, absolut herzlich und weit über den Horizont seiner Musik hinaus engagiert und informiert.“ Die Interviews mit Belafonte und anderen machen Urbans Stärken deutlich: Er stellt die richtigen Fragen und hört gut zu. So kam er einigen Musik-Promis sehr nahe. „1989 erklärte mir Eric Clapton ganz stolz, dass er schon drei Jahre trocken sei“, erzählt Urban. „Der war nach seiner Heroin-Abhängigkeit zum Alkoholiker geworden. Auch Elton John erzählte mir, er sei immer wieder am Kämpfen und habe öfter Entzugskliniken aufsuchen müssen.“ Was wünscht sich einer wie er, der ein so intensives Leben führen konnte, für die Zukunft? Peter Urban: „Ich möchte nicht in der Vergangenheit hängenbleiben. Man muss das Gehirn immer wieder mit Neuem füttern, dann klappt das schon.“