„Brühl ist immer noch ein attraktiver Standort“

Bürgermeister Dieter Freytag im Gespräch

Bürgermeister Dieter Freytag sprach mit dem Brühler Markt Magazin über die in der Diskussion stehenden Themen zur Entwicklung der Brühler City. Gerade die Parkplatzsituation und die geplante Europäische Mobilitätswoche im September werden von der WEPAG und der CDU-Opposition im Rat scharf kritisiert.

von Heike Breuers

Auch Brühler Unternehmen haben mit Coronafolgen und vermehrten Kosten zu kämpfen. Dies lässt auf einen Gewerberückgang als auf Wachstum schließen. Wie beurteilen Sie die Situation?

Die Brühler Innenstadt hatte in der Vergangenheit im Vergleich zu anderen Mittelstädten eine geringe Leerstandsquote. Das hat sich gewandelt, der Abschied vertrauter Geschäfte geht nicht selten mit Leerstand der Ladenlokale einher und die Vielfalt leidet. Eigentümerinnen und Eigentümer melden vermehrt zurück, dass die Vermietung von Ladenlokalen in der Innenstadtzunehmend schwieriger wird. Diein Brühl zu beobachtende Entwicklung entspricht einem bundesweiten Trend. Erfreulicherweise ist in der Schlossstadt jedoch eine Erholung zu spüren und Anfragen sowie die Bereitschaft etwas zu wagen nehmen wieder zu. Wir sprechen hier übrigens über ein hohes Niveau. Es gibt kaum vergleichbare Städte in der Region, die dieses Potential bieten: Historisch gewachsene Innenstadt, hervorragendes gastronomisches Angebot, sehr gute Lage, sehr gute Anbindung mit ÖPNV und PKW, hoher Kultur- und Freizeitwert. Dies hat kürzlich wieder die Umfrage „Vitale Innenstädte 2022“ belegt: Brühl liegt mit der Gesamtbewertung der Note 2,4 im Ortsgrößenvergleich über dem bundesweiten Schnitt.

Wo sehen Sie Lösungsansätze neues Gewerbe anzusiedeln?

Die Stadt Brühl spricht Eigentümerinnen und Eigentümer bzw. die Makler an und es wird Unterstützung bei der Vermittlung geboten, hierzu gehört unter anderem die Listung auf der städtischen Website und damit die Aufnahme ins eigene Leerstandskataster. Zudem wird versucht, mögliche Zwischennutzungen, wie Ausstellungen, zu vermitteln. Seit Mitte 2020 ist ein Citymanagement installiert, das bereits eine Vielzahl von Projekten zur Belebung der Innenstadt initiiert und umgesetzt hat. Zur Ansprache neuer Gewerbetreibenden und auch zur Gewinnung neuer Kundinnen und Kunden sowie Gästen von außerhalb hat das Citymanagement außerdem die Anstrengungen im Bereich Marketing im Vergleich zu den Vorjahren stark erhöht. Grundsätzlich sind in Zukunft in zahlreichen innenstädtischen Immobilien massive Investitionen erforderlich, was für manche private Eigentümerinnen und Eigentümer eine hohe Hürde darstellt. Hier gilt es, zu unterstützen und Hilfestellung zu geben. Aus diesem Grund hat die Stadt Brühl auch Mittel aus der Städtebauförderung beantragt und den Zuschlag für das Hof- und Fassadenprogramm der Stadt Brühl ISEK Brühl 2.0. erhalten. Die Mitarbeitenden der Stadt Brühl beraten zu den verschiedenen Programmen und geben Unterstützung bei der Beantragung und Umsetzung.

Gemäß Ihren Plänen zum Belvedere-Parkplatz fallen mehr als ein Drittel der innerstädtischen Parkplätze weg. Kritiker fordern eher mehr Parkraum.

Die Aussage, dass mit dem Belvedere „mehr als ein Drittel der innerstädtischen Parkplätze wegfallen“ ist nicht korrekt. Auf dem Belvedere existieren 223 Stellplätze, abzüglich einiger Bewohnerparkplätze, Schwerbehindertenparkplätze, Taxi-Stellplätze und Stellplätze an Ladesäulen. Alleine im Stadtzentrum befinden sich 1.700 Stellplätze auf zentralen Parkierungsanlagen. Hinzu kommen noch Parkmöglichkeiten im Straßenraum. Das Verhältnis der temporär nicht zur Verfügung stehenden Parkplätze auf dem Belvedere steht also in einem ganz anderen Verhältnis als dargestellt. Viele der anderen Parkmöglichkeiten sind zudem nicht ausgelastet, sondern haben noch freie Kapazitäten. So hat beispielsweise die Tiefgarage des Modehauses Aachener nach eigenen Angaben stets über 100 freie Parkplätze, die ebenso wie der Belvedere von Norden aus gut anfahrbar sind und direkt in der Innenstadt liegen. Auch auf der Giesler-Galerie, dem Schlossparkplatz oder im Parkhaus am Krankenhaus sind stets freie Parkplätze zu finden. Besuchende der Innenstadt müssen sich in der Aktionszeit auf der Kölnstraße und dem Belvedere also nicht mangels Parkplatz von Brühl fernhalten, sondern können nach wie vor auch mit dem Pkw kommen. Aufgrund des großen Gesamtangebots an Parkplätzen ist die Forderung nach grundsätzlich mehr Parkraum in Brühl nicht sachlich begründet. Falls der Belvedere auch abseits der temporären Aktion später einmal eine andere Nutzung erhalten sollte, so ist geplant, auf dem „Wicke-Gelände“ an der Kölnstraße bzw. Heinrich-Esser-Straße Parkraum zu schaffen.

Die Sperrung des Belvedere anlässlich der Mobilitätswoche sorgt aktuell für Diskussionsstoff.

Die Maßnahme hat gerade für die Kölnstraße zum Ziel, die Attraktivierung durch die Reduzierung des Zulaufverkehrs zum Belvedere als Verkehrsexperiment zu untersuchen. Dafür, dass die Aktion eine Schwächung für den Einzelhandel sowie die Gastronomie bedeutet, liegen keine Daten vor. Wie viel Prozent der Kundschaft kommen tatsächlich mit dem Pkw? Wie viele werden während der vier Wochen trotz alternativer Parkmöglichkeiten wirklich nicht kommen? Wie viele neue Besuchende zieht es aufgrund des geplanten Programms auf dem Belvedere oder der umgestalteten Kölnstraße nach Brühl? Das sind Fragen, denen nachgegangen wird. Die gesamte Aktion ist dadurch begründet, dass der nördliche Bereich der Kölnstraße zwischen der Burgstraße und dem Kreisverkehr Comesstraße wieder attraktiver werden soll – und das auch für den Einzelhandel und die Gastronomie. Aktuell fahren dort täglich tausende Pkw lang, die dort Lärm, Emissionen und Verkehrschaos verursachen. War dieser Straßenabschnitt in der Vergangenheit noch die Toplage, so ist die Attraktivität dort gerade wegen der Verkehrssituation stark gesunken. Wenn die Kölnstraße temporär durch mehr Aufenthaltsflächen, mehr Grün und weniger Verkehr aber attraktiver gestaltet werden soll, dann geht dies nur ohne den Parksuchverkehr des Belvederes. Durch die temporäre Aufwertung der Kölnstraße profitiert das dortige Gewerbe, und die Innenstadt gewinnt durch das Veranstaltungsprogramm und die Aufenthaltsqualität auf dem Belvedere.

Welche Ziele haben Sie im Bezug auf die weitere Entwicklung Brühls?

Im Rahmen der Stadtplanung gehören hierzu laufende Projekte wie das Hof- und Fassadenprogramm, Planungen zu „Wicke-Gelände“ ab Sommer oder die Platzgestaltung Janshof ab Herbst. Im Bereich Mobilität und Verkehr ist die sogenannte Mobilitätswende – also die Förderung des Umweltverbundes (mehr Fußverkehr, Radverkehr und ÖPNV) bei gleichzeitiger Optimierung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) – politisch beschlossen.

Was tun Sie persönlich für ein nachhaltiges Brühl?

Ich vermeide Pkw-Fahrten und bin in Brühl meist zu Fuß unterwegs. Ansonsten nutze ich nach Möglichkeit die Bahn