Mit dem Rucksack über die Alpen!

Zwei Henneferinnen wandern von Oberstdorf nach Meran

„Eine sportliche Grundfitness braucht man schon, aber dann ist es gut machbar und ein einmaliges Erlebnis!” Wenn Claudia Gerhards und Melanie Stiegemann über ihren gemeinsamen Urlaub in diesem Sommer berichten, leuchten ihre Augen immer noch vor Freude. Denn die Freundinnen haben die Alpen zu Fuß überquert – auf dem Fernwanderweg E5 von Oberstdorf nach Meran.

Und auch wenn die beiden schon häufiger zusammen gewandert sind – diese erste Mehrtagestour war für sie etwas ganz besonderes. „Wir haben alles von zu Hause geplant und auch die Übernachtungen auf den Hütten vorgebucht. Das ist sowieso sinnvoll, war unter Corona-Bedingungen aber natürlich notwendig”, erzählt Claudia Gerhards über den Anfang der Vorbereitungen. Einer geführten Wandergruppe wollten sich die aktiven Frauen nicht anschließen. „Wir wollten in unserem eigenen Tempo gehen und ganz unabhängig von einer Gruppe sein”, waren sich die beiden einig. Und so musste alles, was für die Tour gebraucht wurde auch selber im Rucksack transportiert werden. Melanie Stiegemann schnürte zur Vorbereitung schon ab März nicht nur die Wanderschuhe für den morgendlichen Spaziergang mit dem Hund, sondern setzte auch noch einen Rucksack gefüllt mit Gewichten auf, um sich an das Wandern mit Gepäck zu gewöhnen. Aufgrund der Pandemie mussten für die Hüttenübernachtungen neben einem Schlafsack auch ein Spannbettlacken mitgenommen werden. Zwei Paar Socken, leichte Wechselwäsche, Waschzeug … Bei der weiteren Packliste halfen das Internet und der Deutsche Alpenverein. Eine Mitgliedschaft hier können Claudia Gerhards und Melanie Stiegemann allen Wanderern übrigens sehr empfehlen. Abgesehen von den praktischen Tipps und interessanten Veranstaltungen, die angeboten werden, ist man als Alpenverein-Mitglied auch für den Fall einer Rettung im Berg versichert.

Nach Wochen der Vorfreude startete die Wanderung mit der ersten Etappe von Oberstdorf zur Kemptener Hütte (1.844 Meter). Am zweiten Tag wurde das Etappenziel, die Ansbacher Hütte (2.376 Meter), nach langen Stunden des Aufstiegs herbeigesehnt. „Aber sobald man an der Hütte ist und den Ausblick genießt, geht es einem wieder gut“, erinnern sich die Freundinnen schmunzelnd. Nach einem langen Abstieg am dritten Tag musste Melanie Stiegemann dann schmerzhaft feststellen, dass ihr ihre gut eingelaufenen Schuhe doch Probleme bereiteten. Das Ende der Wanderung drohte. „Ich hatte mir eine Blase unter dem Zehennagel gelaufen. Das war extrem schmerzhaft.” Eine Fußpflegerin im Tal nahm sich des Zehes an und im örtlichen Fachgeschäft gab es neue Schuhe. Dann konnten doch noch die nächsten Etappen in Angriff genommen werden. Es folgten Skihütte Zams (1.754 Meter), Braunschweiger Hütte (2.759 Meter) und Martin-Busch-Hütte (2.501 Meter). Immer begleitet von allem, was eine Wanderung in den Bergen so unvergesslich macht: Abwechslungsreiche Natur von Geröll- oder Schneefeldern bis zu grünen, blühenden Bergwiesen, wundervolle Aussichten auf Gipfel und Täler und das Eintauchen in eine andere Welt, in der Steinböcke, Murmeltiere und wilde Orchideen zu Hause sind. „Und meistens kein Handy-Empfang – den wir auch nicht vermisst haben”, schmunzelt Claudia Gerhards, wenn sie sich an die „absolute Entschleunigung” erinnert. Früh aufstehen, lange in der Natur wandern, leckeres Essen auf der Hütte, mit anderen Wanderern Erfahrungen austauschen und dann wieder früh ins Bett gehen – ein gänzlich anderer Rhythmus als im Alltag. Am Ende standen rund 120 Kilometer (inklusive einiger Kilometer, die an einer Landstraße mit dem Bus zurückgelegt wurden) und 13.000 Höhenmeter zu Buche. Und eine Freundschaft, der auch diese besondere Situation keinen Abbruch tun konnte. „Mein Mann hat mich gefragt, was wir denn die ganze Zeit geredet haben. Ehrlich gesagt, haben wir oft geschwiegen und einfach die Situation genossen”, lächelt Claudia Gerhards. „Wir haben einfach super harmoniert”, freut sich auch Melanie Stiegemann. Und was steht als nächstes Ziel für die sportlichen Henneferinnen an? „Wir haben Lunte gerochen, wir wollen mehr – vielleicht geht es nächstes Mal Richtung Zugspitze oder Dolomiten.“