Gesundheitsdezernent Dr. Christian Nettersheim im Gespräch – Angespannte Aufmerksamkeit im Rhein-Erft-Kreis

Christian Nettersheim befasst sich als Gesundheitsdezernent des Rhein-Erft-Kreises seit einem Jahr mit dem Corona-Virus und der Pandemiebekämpfung. Den Stadtmagazinen steht er in einem Interview Rede und Antwort.

von Simon Reuber

Als Gesundheitsdezernent im Rhein-Erft-Kreis waren Sie von Anfang an in den Umgang mit der Pandemie und in deren Bekämpfung eingebunden. Wie haben Sie das vergangene Jahr erlebt?

„Für mich war es beruflich, aber auch persönlich, ein sehr anstrengendes Jahr“, sagt Nettersheim. Seit die Corona-Pandemie vor einem Jahr Deutschland erreicht hat, sei es zu einer Abfolge von Krisen gekommen, die man so nicht kenne: Eine Krise des Mangels. Am Anfang betraf die Krise die persönliche Schutzausrüstung, dann gab es einen Mangel an Testmöglichkeiten und nun einen Mangel an Impfstoff. „Dass man in Deutschland nicht unmittelbar die nötigen Dinge zur Verfügung hat, ist, glaube ich etwas, das in dieser Gesellschaft vorher in dieser Form und in diesem Ausmaß nicht bekannt war. Viele müssen sich daran erst einmal gewöhnen“, sagt der 43-jährige Dezernent, der im Kreis auch für Schule und Soziales zuständig ist. Auf der anderen Seite habe er im Rhein-Erft-Kreis in den letzten zwölf Monaten unglaublich viele engagierte, aufopferungsvoll arbeitende und helfende Menschen kennengelernt. „Insofern ist das auch eine Zeit auf die ich sehr dankbar zurückblicke“, sagt er.

Das Impfzentrum in Hürth ist seit Anfang Februar in Betrieb. Wie schauen Sie auf die ersten Wochen zurück?

„Sehr zufrieden blicke ich darauf zurück. Auch mit einem gewissen Stolz und einer tiefen Dankbarkeit gegenüber den Beteiligten, insbesondere den Impfärzten und den Johannitern, aber auch den Beteiligten der Verwaltung“, sagt Christian Nettersheim. Die geplanten Abläufe und der Einsatz vor Ort laufen reibungslos ab. Das Feedback von den in Hürth geimpften Menschen fiele fast ausnahmslos positiv aus. Auch anfängliche Zweifel, was die Erreichbarkeit des Impfzentrums anging, seien aus dem Weg geräumt worden. Frühestens Mitte April sollen im Rhein-Erft-Kreis auch Arztpraxen Corona-Schutzimpfungen durchführen. Was versprechen Sie sich davon? „Insgesamt verspreche ich mir durch die Aufnahme der Hausärzte in das System der Impfungen eine deutliche Zunahme an Schnelligkeit und der Breite der Impfungen in der Bevölkerung“, so der Gesundheitsdezernent. Wie das Verfahren ausgestaltet werden soll, dazu könne Nettersheim zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nichts sagen, da konkrete Vorgaben vom Land fehlen. Stand Mitte März haben Schulen, Kitas und Friseure wieder geöffnet. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage im Rhein-Erft-Kreis? „Die aktuelle Lage würde ich seitens des Gesundheitsamtes mit angespannter Aufmerksamkeit beschreiben. Wir stellen fest, dass mit den Öffnungen auch die Corona-Fälle an den Schulen zugenommen haben“, sagt Dr. Nettersheim. Aus der Sicht des Gesundheitsamtes sei es sinnvoll, die Öffnungen der Schulen für Schülerinnen und Schüler sowie dem Lehrpersonal mit entsprechenden Corona-Tests zu verbinden. Die Öffnungen könne Nettersheim als Privatperson sowie aus sozialer Sicht verstehen, warnt aber zugleich: „Der Inzidenz-Wert bewegt sich in den letzten Tagen (Stand Mitte März) zwischen 70 und 80. Also weit entfernt von den angestrebten 50.“ Nettersheim sehe diese Entwicklung mit einer gewissen Skepsis. „Ich rechne fest damit, dass wir in den nächsten Wochen wieder steigende Zahlen haben werden“, sagt er, auch durch die Öffnungen und die gleichzeitige Verbreitung, insbesondere der Virusmutation. Welche Botschaft wollen Sie den Bürgerinnen und Bürgern im Kreis für die kommenden Wochen und Monate mit auf den Weg geben? „Halten Sie sich weiterhin an die geltenden Alltagsregeln und verlieren Sie nicht Ihre Zuversicht, auch bei allem Frust, der sich da angestaut hat. Ich glaube, dass mit dem Sommer auch eine dauerhafte Entlastung der Situation eintreten wird“, sagt Christian Nettersheim.