Erftstädter Bestseller-Autor – Lesung für die „Metalheads“

Kai Meyer hat über sechzig Romane veröffentlicht, Übersetzungen erscheinen in mehr als dreißig Sprachen. Inzwischen gibt es seine Geschichten auch als Hörspiele und wurden für das Fernsehen verfilmt. Erfolgreich reist Kai Meyer auch durch das Land, erzählt über sein Schreiben und liest aus den Büchern. Zuletzt sogar auf dem legendären Wacken-Open-Air-Festival, wie er Philipp Wasmund berichtet.

Stadtmagazine: Als „Meister der Phantastik“ lesen Sie im Trio mit den ebenfalls höchst erfolgreichen Schriftstellern Markus Heitz und Bernhard Hennen in vielen großen Sälen. Was ist das Geheimnis Ihres Erfolges?

Ich glaube, es hat mit der Chemie zwischen uns dreien zu tun. Wir kennen uns mittlerweile seit zwei, drei Jahrzehnten, haben ähnliche Werdegänge – wir waren alle ursprünglich Journalisten –, haben einen kompatiblen Humor und sind auf der Bühne sehr ehrlich. Das heißt, wir haben keine komplett einstudierte Show, sondern lesen kurze Passagen, reden aber meist einfach frei miteinander über unsere Arbeit, das Leben als hauptberufliche Schriftsteller, die phantastischen Genres usw. Die Leute scheinen das zu mögen und stellen eine Menge Fragen. Es ist ein bisschen so, als säßen wir alle zusammen in einem Wohnzimmer.

Nun durften die „Meister der Phantastik“ auf dem Wacken-Festival lesen. Wie kam es dazu?

Wir sind in diesem Jahr erstmals gemeinsam auf einer großen Lesetour quer durch Deutschland unterwegs gewesen. Eine Station im Sommer war unter anderem das Kölner Gloria. Im Gegensatz zu anderen Lesungen, die meist von Buchhandlungen oder Verlagen organisiert werden, steht hinter der Tour ein großer Konzertveranstalter, der auch Kontakte zum Wacken-Festival hat. Eigentlich treten wir gemeinsam nur in Theatern, Konzertsälen und ähnlichen Locations auf, aber als die Anfrage aus Wacken kam, konnten wir nicht Nein sagen. Zumal Markus Heitz und ich mit Metal aufgewachsen sind.

Und wie reagierten die Zuschauer auf dem Musikfestival auf drei Autoren?

Die Schnittmenge zwischen Metal- und Fantasyfans ist recht groß, man muss sich ja nur die Albencover vieler Bands ansehen. Eigentlich war es am Ende eine Lesung wie andere auch, mit einem interessierten, aufmerksamen Publikum – nur dass wir auf einer Bühne im Freien saßen und die Zuschauerinnen und Zuschauer schwarze Metal-Shirts trugen.

Ihr neuer Roman „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ erscheint Anfang November. Er spielt auf drei Zeitebenen. Worum geht es genau?

Das Buch ist im Kern eine Mischung aus Kriminalroman und Familiensaga mit einer Spur Mystery, eine Art zeitgeschichtlicher Thriller an mehreren Stationen des 20. Jahrhunderts. Beim Luftangriff auf Leipzig im Dezember 1943 befreit sich ein zehnjähriger Junge aus einem fensterlosen Zimmer in einer eingestürzten Villa, in dem er seit seiner Geburt eingesperrt war. Der mysteriöse Bücherdieb Mercurio nimmt ihn unter seine Fittiche und zieht mit ihm durch das brennende Deutschland, um gemeinsam aus zerstörten Bibliotheken wertvolle Bände zu stehlen. Fast dreißig Jahre später, 1971, macht der Protagonist sich auf die Suche nach der Wahrheit: Warum wurde er als Kind gefangen gehalten? Was wurde aus seinen Eltern, die er nie kennengelernt hat? Und wer war Mercurio wirklich?

Der Inhalt ist sehr ernst. Warum haben Sie gerade jetzt diese Geschichte geschrieben?

Das Thema des Romans ist das Verhältnis von Lüge und Realität. Der Held muss sich entscheiden, ob er – wie andere Figuren im Buch – einer Lüge folgt oder auf sein besseres Wissen vertraut. Das klingt erst einmal nach einer naheliegenden Entscheidung, aber wir haben ja alle erlebt, dass es so einfach offenbar für viele nicht mehr ist.