Engagement in der Krise – Die Gesellschaft steht zusammen

Das Engagement in den letzten Wochen war enorm. Neben zahlreichen Situationen, bei denen Menschen Freunden, Nachbarn und völlig Fremden durch konkretes „Anpacken“ halfen, gab und gibt es auch Ideen, um Geld zu sammeln.

von Philipp Wasmund

An vielen Stellen klebt er schon, der Danke-Aufkleber „Wir halten zusammen!“, den Grafikerin Sandra Hullermann, Mitglied des uTe-Netzwerks, designed hat. Die Idee einen Benefiz-Aufkleber zu erstellen, hatte der Liblarer Bastian Michels, der damit die städtische Wirtschaftsförderung überzeugen konnte. Michels bezahlte die Herstellung, die Einnahmen gehen auf das Spendenkonto der Stadt. Der Aufkleber ist an vielen Stellen für 2,50 Euro pro Stück erhältlich.

Viele solcher Ideen sind in den letzten Wochen entstanden. Überregional bekannt geworden sind inzwischen die beiden Mädchen Mia und Lumen, acht und neun Jahre alt, die Waffeln und Kuchen gegen Spenden verkauften. Inzwischen sind sie bei über 17.500 Euro angelangt. Auch der bekannte frühere Liblarer Lehrer Kunibert Hammerschmidt dachte darüber nach, wie er helfen kann. Der begeisterte Sportler war 1972 bei den Olympischen Spielen als Helfer mit dabei und hat aus dieser Zeit noch einen offiziellen Herrenanzug im Schrank. Diesen übergab er gegen eine Spende für eine notleidende Familie an einen Olympia-Fan.

Die Lechenicher Schützen organisierten zuletzt ein Benefizkonzert mit den „Rabaue“. Auch die Gymnicher Karnevalsfreunde wollen den Erlös des Konzerts mit den „Räubern“ am 4. September spenden.

Am gleichen Tag spielt der Musikverein Friesheim auf der Kultursommerbühne für den guten Zweck. Und die Geske-Stiftung organisiert mit Partnern dort am 29. August ab 11 Uhr ein Programm, das auch im Internet auf www.muxx.tv gestreamt wird und anschließend auch weiterhin online zu sehen ist. Neben bekannten Erftstädter Künstlern, wie Benyamin und Ludwig Nuss, treten Mitglieder der Söhne Mannheims, Kathy Kelly und viele mehr auf, um Geld zu sammeln.

Tausende Helfer

Tausende Helfer aus ganz Deutschland kamen nach Erftstadt. Untergebracht wurden sie ganz häufig bei Privatleuten, die von der Flut nicht betroffen waren. Sie teilten ihre Wohnungen mit ihnen bislang Fremden, um etwas beizutragen. Teilweise bis zu zehn Helfer kamen bei ihnen unter. Auch viele Vereine machten spontan Platz. Darunter die Sportgemeinschaft Erftstadt (SGE). Eine 15-köpfige Fluthelfergruppe aus Osnabrück übernachtete im Vereinsheim in Liblar, wo normalerweise Turnsport betrieben wird. Zuvor hatten hier schon 40 Einsatzkräfte am ersten Wochenende nach der Flutkatastrophe übernachtet. Der SGE Vorstand kümmerte sich, wie viele Vereine in Erftstadt, um die Helfer und freute sich, etwas beitragen zu können. Die „Hilfe aus Niederzier“ brachte mehrmals die Woche vor allem Trinkwasser nach Blessem. Die Ehrenamtler fuhren auch in die Eifel. Dr. Jutta Doebel von der Apotheke im Erftstadt Center organisierte Coronatests für die Helfer und Anwohner. Und Dr. Thomas Henke und die Kölner Ärztin Dr. Katja Scholtes setzten sich tagelang an die Infopoints, um Impfungen anzubieten. Neben der Corona-Impfung, ging es Henke vor allem um die Aufklärung der Gefahren von Tetanus und Hepatitis A. Schließlich kommen die Helfer mit kontaminiertem Wasser und Dreck in Kontakt. Henke erzählt, dass in dieser Krise jeder auf seine Art helfen wollte. Großen Dank erhielten auch die zahlreichen Handwerker, die beratend betroffene Häuser begutachteten und Tipps bei der Rettung der Bausubstanz gaben. Müll und Schutt konnte an vielen Stellen nur durch den ehrenamtlichen Einsatz von Landwirten, Garten- und Landschaftsbauern und anderen Firmen, die Mitarbeiter und schweres Gerät spendeten, abgefahren werden. Einige von ihnen arbeiteten viele Tage kostenlos, um die Orte vom Dreck zu befreien. Notfallseelsorger aus ganz NRW waren ebenso im Einsatz. Auch sie arbeiteten ehrenamtlich und zeigten viel Empathie, um den Menschen in Erftstadt Trost zu spenden.