Einen Moment Advent in Windeck


Er gehört für die meisten genauso zu Weihnachten wie ein Tannenbaum, allerdings gibt es ihn noch gar nicht so lange: den Adventskalender. Seine Geschichte begann 1838. Johann Heinrich Wichern, Leiter des evangelischen Knabenrettungshauses „Rauhes Haus“ bei Hamburg, hatte wahrscheinlich genug von der Frage, wann endlich Weihnachten sei. So entwickelte er eine Idee zur Darstellung der verbleibenden Tage. Er nahm sich ein altes Wagenrad und einen Holzkranz und steckte 20 kleine rote und vier große weiße Kerzen darauf.

Bei den täglichen Andachten, zu denen alle gemeinsam Adventslieder sangen, durften die Kinder eine rote Kerze anzünden, an den Adventssonntagen zusätzlich eine weiße. Erst 1902 veröffentlichte die evangelische Buchhandlung Friedrich Trümpler in Hamburg den ersten gedruckten Adventskalender. Nachdem die Kalender in der Nazizeit einen Rückgang erlebten, ließ Richard Sellmer 1946 in Stuttgart die Herstellung wieder aufleben. In den 50er Jahren erfreute sich der Adventskalender dann einer flächendeckenden Beliebtheit. Die Motive waren hauptsächlich romantisch verschneite Städte, hinter dem 24. Türchen verbarg sich eine Krippenszene. Aber auch handgemalte Prunkstücke verschiedener Künstler gelangten zu immer größerer Bedeutung. 1958 erschien der erste Schokoladenadventskalender. Heute gehört dieser neben Spielzeug- oder Bilder-Adventskalendern zu den am häufigsten gekauften Kalendern. Eine ganz besondere Form wurde in den vergangenen Jahren immer beliebter: der Lebendige Adventskalender.

Hier ein Beispiel aus dem Verbreitungsgebiet:
In der Adventszeit erlebt Windeck täglich um 19 Uhr an wechselnden Orten und Ortschaften einen Moment des gemeinsam erlebten Innehaltens. „Einen Moment Advent. Einen Moment innehalten. Einen Moment zur Ruhe kommen. Einen Moment Gemeinsamkeit“, lautet denn auch das Motto, zu dem der Seelsorgebereich Windeck bis zum 23. Dezember einlädt, um gemeinsam ein Türchen am Adventskalender zu öffnen. Das Vorgehen an den einzelnen Stationen ist immer gleich. Die Treffen werden eröffnet mit Informationen zur Herkunft und Bedeutung der jeweiligen Station, gefolgt von Tagesimpuls, Gesang, Meditation und Abschluss-gebet. Danach ist Zeit zum Austausch. Vorbereitet hat die Aktion der Wegkreis des Seelsorgebereichs. Eröffnet wurden die Begegnungen, die jeweils 15 bis 20 Minuten dauern, am 1. Dezember am Fuße von Burg Windeck in Altwindeck. Dort steht ein Auswandererkreuz. Martin Trójca, Mitglied des pastoralen Wirkungskreises, begrüßte die Anwesenden. Die hatten sich mit Kerze in der Hand am ebenfalls mit Kerzenlicht erleuchten Kreuz versammelt. Trójca erzählte etwas zur Geschichte und Vorgeschichte des Kreuzes. In den 1840er Jahren hatte es in Mitteleuropa sehr heiße, trockene Sommer und auch regenreiche Jahre gegeben. Viele kleine Bauern hatten keine Ernährungsgrundlage mehr. Eine Auswanderungswelle setzte ein. In Nordamerika suchten auch in Windeck viele Menschen nach einem besseren Leben.

Einer von ihnen war Ernestus Schwellenbach. Er und weitere 90 Auswanderer, vornehmlich aus den Familien Schwellenbach, Lenz, Vogel, Bestgen und Schmidt, stifteten vor ihrer langen, gefährlichen Seereise in die „Neue Welt“ das Kreuz. Nach ihrer Ankunft in Tripton im US-Bundesstaat Missouri, trennten sich die Wege. In den Freistaaten North-Dakota, Kansas, Colorado, Wisconsin und Minnesota siedelten sich die Windecker an. Die erste katholische Kirche wurde in Tripton auf einem Grundstück der Geschwister Bestgen errichtet. In Jefferson/Wisconsin erbauten die Siedler sogar die St. Laurentius Kirche nach Dattenfelder Vorbild. Das ers-te Kreuz wurde in den 80er Jahren durch ein neues ersetzt, das alte wird im Heimatmuseum in Altwindeck verwahrt. Nach dieser ortsspezifischen Einführung gab es etwas besinnlichen Text, Gesang und Gebet für den Frieden in der Welt. An der Alten Kapelle in Rosbach und am Wegekreuz in Übersetzig hatten Anwohner fleißig und mit Erfolg geworben vorbeizukommen.