„Ein Unding in Zeiten der Verkehrswende“

Aktuelle Entwicklungen im Fall Rheinspange 553

Nach fünf Jahren befindet sich das Autobahnprojekt Rheinspange 553 noch immer in Phase 1, der sogenannten Vorplanung. Zahlreiche Lösungen für eine Autobahnquerung zwischen der A555 zwischen dem Kölner Süden und Bonn und der A59 bei Niederkassel waren im Gespräch. Insider gehen inzwischen von einer Brücke in Urfeld aus. Aber wo wird die Rheinquerung tatsächlich verlaufen? In welchem Ausmaß sind die persönlichen Lebensumstände betroffen? Und wie passt das Projekt überhaupt noch in Zeiten von Energiekrise, Klimawandel und Verkehrswende? Wir fühlen dem Dilemma auf den Zahn.

von Heike Breuers

Im Winter 2022/2023 soll die breite Öffentlichkeit über die Vorzugsvariante informiert werden, lautet es auf der Homepage der Autobahn GmbH. Untersucht werden bis dato 12 mögliche Varianten für eine Trassenführung über den Rhein. Hierbei stehen sowohl Brücken- als auch Tunnellösungen zur Diskussion. Zu den primären Untersuchungen innerhalb der Vorplanung gehört eine Umweltverträglichkeitsstudie, die die Auswirkungen der neuen Rheinquerung auf die unterschiedlichen Schutzgüter Mensch, Natur und Umwelt untersucht.

Mensch ist Nebensache

Diesbezüglich übte die Stadt Wesseling zuletzt massive Kritik und spricht von fulminanten rechtlichen Mängeln im Planungsverfahren. In einem Gutachten moniert die beauftragte Anwaltskanzlei insbesondere, dass eben diese Schutzgüter Mensch, Natur und Umwelt nur völlig unzureichend Beachtung finden. Vor allem die Gewichtung des Schutzgutes Mensch mit stark persönlich eingreifenden Parametern wie Erholung und Wohnen stünden gegenüber dem Wirtschaftlichkeitsaspekt in keinem Verhältnis. Zudem seien großflächige Verkehrsuntersuchungen nicht genügend berücksichtigt worden. Eine Nullvariante fiel bei der Betrachtung völlig außen vor. Seitens des Projektträgers scheint sich derweil eine Vorentscheidung für eine der Südvarianten herauszukristallisieren. Und das obwohl aktuelle Studien zeigen, dass die südlichen Übergänge in Bezug auf die Verkehrsentwicklung quasi sinnlos wären.

Widerstand gegen Rheinquerung

Auch die im Jahr 2018 gegründete Bürgerinitiative Urfeld sowie die Interessenvertretung Waldsiedlung sehen die geplante Rheinquerung als überflüssig an. Eine Brücke und die daraus resultierenden Investitionen erfüllen nur dort ihren Zweck, wo der verkehrliche Nutzen am höchsten ist. Dies ist bei keiner der privilegierten Südvarianten der Fall, so der Standpunkt. Hierzu erzählt uns Hinrich Doering, Pressesprecher der Urfelder Bürgerinitiative: „Basis der Pläne für die Rheinspange 553 waren Verkehrsprognosen, die noch vor rund 10 Jahren einen kontinuierlich steigenden Verkehr voraussagten. Als dann noch die Leverkusener Brücke ab 3,5 Tonnen gesperrt wurde und weitere Rheinbrücken zu sanieren waren, wollte das Land NRW so schnell wie möglich einen neuen Ersatzbau zwischen Bonn und Köln errichten, um die anderen Brücken zu entlasten. Die Situation hat sich seitdem grundlegend geändert. Preise für Energie und Rohstoffe, sowie die Verkehrswende, lassen die damalige Prognose sehr unrealistisch erscheinen. Die Entscheidung für die Vorzugsvariante der Rheinspange wird jedoch durch die jetzt zuständige Autobahn GmbH des Bundes immer wieder verschoben. Dabei liegen die Fakten seit zwei Jahren auf dem Tisch.“ Der erste Bauabschnitt der Leverkusener Brücke sei bald fertig, in etwa drei Jahren auch die zweite Brücke an der Stelle der bisherigen. Als nächstes Projekt soll die Bonner Nordbrücke von vier auf sechs Spuren erweitert werden. „Die Rheinspange würde nach den aktuellen Planungen also erst dann gebaut, wenn alle genannten Brücken mit mehr Spuren neu errichtet worden sind. Und für den verbleibenden Verkehr ist die Rodenkirchener Brücke ausreichend. Da drängt sich die Frage auf, ob die geplanten Investitionen im öffentlichen Nahverkehr nicht besser und vor allem zeitgemäßer angelegt wären. Die Entscheidung für die gewählte Variante wird nach aktuellem Stand im Frühjahr verkündet. Es bleibt zu hoffen, dass unabhängig davon das Projekt noch einmal überprüft wird, da die ursprünglichen Gründe für den Bau bei der Fertigstellung möglicherweise nicht mehr relevant sein werden“, so Doering abschließend.