Biggi Wanninger ist seit 24 Jahren Präsidentin der Stunksitzung

„Ich plädiere für ,Mariechen 2.0‘ im Karneval“

Sie ist eine Frau mit vielen Talenten: Biggi Wanninger (67) ist Kabarettistin, Schauspielerin, Sängerin, Computer- Künstlerin und Sprecherin für Hörfunk und TV. Vor allem aber ist Biggi Wanninger Präsidentin der Stunksitzung. Seit 1998 leitet sie die alternative Karnevalsveran stal tung. Geboren wurde sie übrigens im Gebiet unserer Stadtmagazine, nämlich Brühl. Allerdings ist sie quasi eine „Kurz-Bürgerin“, wie sie dem Magazin verriet.

von Christof Ernst

Denn ihr Aufenthalt in der Schlossstadt war nur von kurzer Dauer, nachdem Biggi Wanninger am 21. Mai 1955 im Marienhospital zur Welt kam: „Nach ein paar Tagen schon ging es nach Kerpen-Balkhausen, wo meine Eltern wohnten“, erzählt sie. Die spätere Ausbildung zur Bankkauffrau gab zwar berufliche Sicherheit, aber eigentlich hatte Biggi Wanninger andere Ziele: Sie studierte in Köln Pädagogik, Schauspiel und Gesang. Das alles sollte sich ab 1993 auszahlen, als sie zum Ensemble der Stunksitzung stieß.

Sie mag Brings, Querbeat und verjazzte Fööss-Songs

Es waren Zeiten des Umbruchs: Noch warJürgen Becker Präsident der Sitzung, moderierte aber bereits seit 1992 die „Mitternachtsspitzen“. Ab 1996 folgte Rainer Rübhausen als Sitzungspräsident. Drei Jahre später übernahm Biggi Wanninger die wichtige Aufgabe – ein Novum in vielerlei Hinsicht, wie sie sagt: „Als ich als Präsidentin anfing, gab es so gut wie keine Vorbilder. Also musste ich meinen Weg finden. Ich glaube, das ist mir gelungen.“ Zu diesem Selbstlob hat sie jedes Recht: Seit 23 Jahren steht Wanninger mit bissigen Moderationen am Elferratstisch ihre Frau. So meinte sie in der aktuellen Stunksitzung über Wladimir Putin: „Wo sind die Attentäter, wenn man sie mal braucht?!“

Doch „nur“ Präsidentin zu sein, ist der Multi-Künstlerin nicht genug: Sie tritt auch als köstliche Trude Herr-Parodie oder als konfuser Büttenredner „Stivvels Jupp“ auf. Manchmal singt Biggi Wanninger auch: „Es macht mir großen Spaß, Songs der Bläck Fööss ein bisschen zu verjazzen. Ansonsten bin ich ganz bei Brings, vor allem, weil sie Haltung zeigen und sich politisch engagieren.“ Weitere musikalische Favoriten sind „Querbeat“. Und sie wünscht sich mehr Frauenbands.

„Schade, nach Aschermittwoch klatscht keiner mehr“

Mehr Frauen-Power, das ist eines der Hauptanliegen Biggi Wanningers – ganz allgemein in der Gesellschaft, aber auch im Karneval. Aktuell wird in Köln ja über ein mögliches weibliches Dreigestirn geredet. Biggis Meinung dazu: „Ob es nun eine Prinzessin gibt oder das ganze Dreigestirn weiblich ist, ist letztendlich egal. Hauptsache es tut sich was.“ Sie bringt es auf die griffige Formel: „Es braucht Bewegung, und da wäre ,Mariechen 2.0‘ doch eine Maßnahme.“

Aber es gibt für Biggi Wanninger auch noch ein Leben außerhalb des Karnevals: Sie malt am Computer. „Das habe ich schon 2002 für mich entdeckt. Neben eigenen Bildern bearbeite ich auch das ,Gekritzel‘ von Kindern befreundeter Eltern. Dadurch entstehen neue Bilder.“ Tanja Svejnoha, die Saxofonistin der Stunksitzungs-Hausband „Köbes Underground“, schreibt dazu gereimte Geschichten. Biggi Wanninger: „Vielleicht entsteht daraus ja mal ein Kinderbuch.“

Bleibt zum Schluss die Frage: Was passiert eigentlich am Aschermittwoch, wenn Biggi Wanninger und das Ensemble der Stunksitzung 46 Auftritte à dreieinhalb Stunden absolviert haben? „Wir ziehen aus dem E-Werk aus – mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, erzählt Biggi. „Am Abend beenden wir dann bei einem Fischessen mit allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Session. Und am nächsten Tag, wenn mein Alltag wieder nur zu Hause stattfindet, frage ich mich dann, warum mir keiner applaudiert, wo ich doch so toll das Geschirr weggeräumt habe.“ Seit 24 Jahren ist Biggi Wanninger die Sitzungspräsidentin der legendären Stunksitzung. Sie sagt: „Dafür gab es keine Vorbilder. Also musste ich meinen Weg selbst finden.“