Bernd Stelter: Auch Redner haben ein Recht auf Aufmerksamkeit – „In den Sitzungen wird zu viel Party gefeiert“

Der Mann hat viele Jobs: Bernd Stelter (56), der seit fast 30 Jahren in Bornheim-Hersel lebt, ist Komiker, Karnevalist, Kabarettist, Musiker und Krimi-Autor. Nun steht seine 29. Session vor der Tür. Im „STADT – MAGAZIN“ erzählt er, wie er sich darauf vorbereitet, wie aktuell sein Rede sein wird und was er am aktu ellen Kar ne val in den Sälen zu kritisieren hat. Wie immer nimmt er dabei kein Blatt vor den Mund. 
von CHRISTOF ERNST
Herr Stelter, bis wann muss Ihr neues Programm für die Session stehen?

Am 5. Januar. Da die Leute von mir erwarten, dass ich absolut aktuell bin, ist es wenig sinnvoll, jetzt schon ein neues Programm zu verfassen. Ich habe allerding eine schöne Idee zu Donald Trump, denn der wird uns leider auch in der neuen Session noch beschäftigen, genauso wie der Brexit, Erdogan oder Putin.

Verraten Sie sie uns die Trump-Idee?

Ich werde seine Tochter Ivanka singen lassen: „Oh mein Papa, war ein großer Zirkusclown“.

Wenn Sie dann mit dem Schreiben loslegen, wie schnell geht das?

Am 17. Dezember spiele ich zum letzten Mal das Programm „Wer heiratet, hat die Sorgen, die er vorher nicht hatte“. Ich werde sehr traurig sein, weil das das erfolgreichste Programm ist, das ich bislang hatte. Aber dann geht es los mit der aktuellen Karnevals-Rede.

Im Dachgeschoss seines Hauses in Bornheim-Hersel hat sich Bernd Stelter eine richtige „Muckibude“ eingerichtet. Dort strampelt er sich fit für die neue Session.
Foto: Christof Ernst

 
Sie stehen seit 28 Jahren in der Bütt. Wird das irgendwann einmal Routine?

Nein, nie. Zumal ich stets einen Kulturschock kriege. Ich spiele bis kurz vor Weihnachten Kabarett. Und – zack! – setzen im Rheinland alle bunte Mützen auf.

Mancher nennt das „befohlene Lustigkeit“.

Blödsinn! Völliger Blödsinn! Wenn man Kopfschmerzen hat, nimmt man eine Tablette, ob der Arzt das verordnet hat oder nicht. Und wenn der Rheinländer lachen will, setzte er eine Narrenkappe auf. Punkt! Und als Redner wird dir im Karneval eh nie langweilig.

Können Sie das etwas näher erläutern?

Bei fünf Auftritten steht man erst vor Männern in dunklen Anzügen. Im nächsten Saal sind Frauen, die schon das eine oder andere Gläschen Prosecco getrunken haben und nicht unbedingt der Ansicht, dass man dem, der da vorne was auf der Bühne sagt, auch zuhören müsste. Dann kommt man in eine Turnhalle mit kostümierten Familien. Wenig später steht man im Gürzenich, und alle haben einen Smoking an. Als Redner musst du sie alle kriegen.

Was sagen Sie zu jüngeren Bands wie „Kasalla“ oder „Cat Ballou“?

Stelters jüngstes Kabarett-Programm übers Heiraten und die Ehe war das erfolgreichste seiner langen Karriere. Daneben fand er aber noch Zeit, einen neuen Holland-Krimi zu schreiben: „Der Tod kommt auf leisen Klompen“.
Foto: Manfred Esser

Für den Karneval ist es gut, für mich ist es wurscht. Beim Redner ist es egal, ob der eine Gitarre umhängen hat oder nicht. Einem Redner sollte man zuhören. Bei einer Band kann man feiern. Und ich finde, heute wird bei den Sitzungen zu viel Party gemacht. Früher gab es zwei Redner pro Hälfte, heute einen, höchstens zwei in der ganzen Sitzung, dazu ein Tanzcorps – und acht Bands.

Jetzt übertreiben Sie.

Ja, aber nicht sehr. Besonders ärgerlich ist, dass die Kellner immer dann, wenn ein Redner in der zweiten Abteilung auftritt, mit dem Kassieren anfangen.

Wie bereiten Sie sich körperlich auf Session vor?

Ich mache dreimal in der Woche Sport, trinke keinen Alkohol und bin oft an der frischen Luft. Da hilft mir mein großes Hobby, das Golfspielen. Außerdem habe ich unterm Dach mein kleines Fitnessstudio.

Und in der Session kein Kölsch?

Nein, denn die Hefeanteile im Kölsch machen die Stimme kaputt. Wenn Alkohol, dann höchstens ein Glas Wein.

Wie sieht es mit Diät aus?

Das habe ich inzwischen eingesehen: Ich nehme ab und zu ab und zu. Soll heißen: Ich achte auf mein Gewicht und will vor dem Karnevalsstart fünf Kilo weniger wiegen, denn die kommen in der Session eh wieder drauf.