Zwei Jahre nach der Flut – immer noch präsent

Auch zwei Jahre nach der Flut beschäftigt das Ereignis die Menschen in Erftstadt. Helfer und engagierte Bürger wissen, dass bei vielen die Wunden noch nicht geheilt sind, das Zuhause nicht bei allen wiederhergestellt ist.

von Philipp Wasmund

Es gibt sie, die guten Nachrichten zwei Jahre nach der Flut. Straßen, wie die Kallenhofstraße in Bliesheim, durch die das Wasser eine Schneise riss, die wieder befahrbar sind. Das Vereinsheim der Fanfaren-Trompeter, in dem das Wasser so hoch stand, dass alle Instrumente zerstört wurden, und das bald wieder eröffnet wird. Das Dorfgemeinschaftshaus in Friesheim, das an gleicher Stelle neu aufgebaut wird, möglich durch Mittel des Wiederaufbaufonds. Helfer, die auch im zweiten Jahr noch da sind, um Menschen in ihren Privathäusern beim Wiederaufbau zu unterstützen. „Aber es gibt noch unglaublich viel zu tun“, weiß Andrea Schnackertz von der Diakonie. Sie hat einen offenen Gesprächskreis im Gemeindezentrum Lechenich organisiert, trifft täglich Betroffene und hilft bei den Anträgen. „Es sind wirklich sehr viele Ratsuchende, die sich immer noch melden.“ Viele Beratungsgespräche dauerten zwei bis drei Stunden. „Erschreckend ist, dass manche aus Überforderung nichts machen lassen, wo das Gebäude Schaden nimmt. Andere haben die Situation komplett unterschätzt und entdecken jetzt Schimmel.“ Auch in die Beratung der Johanniter im Erftstadt Center kommen weiterhin viele Menschen. „Es werden jetzt wieder mehr“, sagt Silke Griepentrog. „Man kann sagen, dass die Leute nach der ersten Zeit jetzt nun den Kopf dafür haben.“ Beide Träger versuchen nicht nur in der Beratung da zu sein, sondern auch emotionale Angebote zu bieten. Zuletzt wurde von den Johannitern mit Bürgern in Blessem ein Beet angelegt, bald soll für Jugendliche ein Graffiti-Workshop angeboten werden. „Aber man merkt, selbst wenn es um ganz andere Themen geht, nach einer gewissen Zeit landet man immer bei der Flut und bei dem was verloren gegangen ist“, so Andrea Schnackertz von der Diakonie.

Noch immer kommen Betroffene in das Hilfecenter „Baustoffspenden NRW“ in Lechenich. Seit Anfang an mit dabei ist Steven Nussmann. „Es klappt leider nicht bei allen mit den Versicherungen und andere sind auch so noch mittendrin in der Sanierung“, erklärt er. Im Spendenlager engagiert sich eine große Gruppe von Freiwilligen. „Es ist wie eine Familie und ich bin jedes Wochenende nach der Arbeit mit dabei.“ Nussmann kommt dafür extra aus Dortmund, um anzupacken. „Wir haben Spendenankündigungen nach den Sommerferien von mehreren LKW-Ladungen.“ Noch bis Anfang Dezember soll das Baustofflager, das vom ASB mitorganisiert wird, bestehen bleiben. Engagiert sind auch Betroffene, die etwas selbst tun wollen, um solche Erlebnisse nicht wieder zu haben. Rainer von Kempen organisiert die „Hochwasser Initiative Erftstadt“. „Die Stadt hat ein Starkregenschutzkonzept in Auftrag gegeben. Dafür soll es in diesem Jahr Workshops und Ortsbegehungen mit Bürgern geben.“ Ziel der Gruppe sei es, bei diesen Workshops das Wissen der Bevölkerung einbringen zu können. Dafür treffen sich an jedem ersten Dienstag im Monat um 19 Uhr in der AWO Dirmerzheim Bürger zum Erfahrungsaustausch. „Die Anzahl der Interessenten ist stetig gestiegen“, freut sich von Kempen. Bei einem Gottesdienst zum Jahrestag der Flut berichtet die Liblarer Pfarrerin Andrea Dörr von Gesprächen in der Seelsorge. Zwar seien bei der Flut keine Menschen umgekommen, doch die Erlebnisse hätten Spuren hinterlassen: „Menschen starben an gebrochenem Herzen.“ Noch immer würde modriger Geruch schlimme Erinnerungen hervorrufen, Bilder im Fernsehen etwas auslösen. Der Austausch sei daher ganz wichtig, die Unterstützung untereinander. In Blessem wurde zum Jahrestag ein Dankeschönfest vom dortigen Arbeitskreis organisiert. Ortsbürgermeister Reiner Dreschmann konnte dabei Türen, die einst von Johannes Hebing mit den Worten „Blessem liebt euch“ und „Danke“ beschriftet wurden, vor der Kirche vorstellen. Sie wurden von Volker Körfgen und Lothar Kastert mit Glas und Stahl gerahmt und aufgestellt.