Wie bei Asterix und Obelix

Sankt Augustin. Der jüngste und kleinste Stadtteil Sankt Augustins ist zugleich der Älteste:  Bereits 1117 fand die erste urkundliche Erwähnung statt. Grund genug, an einem Wochenende im Oktober ein großes Fest mit Disco, Jazz-Frühschoppen, Kabarett und der Enthüllung einer Gedenktafel durch Bürgermeister Klaus Schumacher zu veranstalten, das von allen sechs ortsansässigen Vereinen gemeinsam organisiert wurde. Wir sprachen am Festwochenende mit Heike Borowski, die seit 2010 Ortsvorsteherin ist und als Bindeglied Bürger und Vereine gegenüber der  Stadt vertritt.
Bereits im Mittelalter, so im 7. / 8. Jahrhundert, entstand kurz vor der Einmündung des Lauterbachs in den Pleisbach an dessen Rand eine Burg. Das kleine Dorf im Tal bildete zunächst eine eigene Honnschaft (damalige Verwaltungseinheit) im Amt Blankenberg des Herzogtums Berg. 1117 erfolgte die Übergabe der Lehen, also der Rechte an Grund und Boden, durch den Erzbischof an die Abtei Siegburg und somit die erste Erwähnung.
Birlinghoven gehörte lange zu den reichsten Dörfern der Gegend und erhielt im Jahr 1803 aus dem Besitz des Klosters große Ländereien im Bereich des Schlosswaldes. 1892 erfolgte der Anschluss an die Bahn, die am 1. Mai zum ersten Mal zwischen Niederpleis und Oberpleis fuhr und eine Station in Birlinghoven erhielt. Ungefähr 200 Einwohner zählte man zu der Zeit, die unter anderem von Flachszucht und Leinweberei lebten. Anfang des 20. Jahrhunderts ließ der Kölner Kaufmann Theodor Damian Rautenstrauch oberhalb des Dorfes das neue Schloss samt Parkanlagen errichten. Zeitgleich beauftragte er den Bau des Wasserschlösschens als „Kavaliershaus“ an der Stelle der mittlerweile weitgehend verfallenen Burg. Im Zuge der kommunalen Gebietsreform wurde Birlinghoven 1969 Sankt Augustin zugeordnet. Heute leben rund 2.000 Menschen im kleinsten Teil unserer Stadt; die größten Arbeitgeber sind der Maschinen- und Anlagenhersteller Hennecke GmbH sowie das auf dem Schlossgelände angesiedelte Institutszentrum der Fraunhofer Gesellschaft.
Ortsvorsteherin Heike Borowski lebt seit 19 Jahren hier und hat schon einige Veränderungen miterlebt. „Das Erscheinungsbild hat sich schon sehr gewandelt. Wir haben einige neue Wohngebiete dazubekommen und in den 90ern gab es noch zwei Bäcker, eine Bank, die Post und zwei Kneipen – davon ist leider nichts mehr übrig geblieben.“ Aber: Die Birlinghovener sind bekannt (und gefürchtet) für Ihre Hartnäckigkeit. Und so gibt es seit kurzem wieder einen so wichtigen Nahversorger mit Bäcker und sogar ein kleines Café.
In seiner Ansprache zur Enthüllung der Gedenktafel verglich Bürgermeister Klaus Schumacher die Gemeinde dann auch augenzwinkernd mit einem „gallischen Dorf von Asterix und Obelix, das immer für seine Infrastruktur kämpft.“ So setzte man sich gegen einige städtische Widerstände und mit viel Enthusiasmus auch für die Installation des Hybridrasen auf dem Sportplatz und die Übernahme des Bürgerhauses durch den Männerchor ein – mit Erfolg. „Wir haben nicht mit Birlinghoven gerechnet“, so Klaus Schumacher anerkennend.
„Das Bürgerhaus war ursprünglich von der Stadt gepachtet und drohte aufgrund wirtschaftlicher Entscheidungen geschlossen zu werden. Nur durch die Mithilfe fast aller Einwohner und vieler Spenden konnte der Männerchor 2013 das Haus dann selber kaufen und in seiner Bestimmung bis heute weiter betreiben“, so Heike Borowski, die sichtlich stolz ist auf „ihre“ Bürger. Was sie selbst an Birlinghoven so lebens – und liebenswert findet? „Der Zusammenhalt, der hier herrscht ist schon toll. Das ist wichtig für eine gute Gemeinschaft und ein aktives Dorfleben.“ Dass das hier gut funktioniert glauben wir sofort, und dass Heike Borowski sich hier wohl fühlt auch – kommt sie doch ursprünglich aus Düsseldorf.
Passend zur Gedenktafel-Enthüllung kommt dann auch noch die Sonne an dem sonst verregneten Sonntag raus, und der Männerchor bringt zu Klängen der Bläck Föss ein Ständchen: „Wat och passeet, dat Eine es doch klor, et Schönste, wat m’r han schon all die lange Johr es unser Birlinghoven, denn he hält m’r zosamme ejal, wat och passeet en uns’rem Birlinghoven.“ Damit ist alles gesagt. Glückwunsch, Birlinghoven!