Thomas Rückert: Jeder ist musikalisch

Neunkirchen-Seelscheid. Thomas Rückert, etablierter Jazzpianist und Hochschuldozent,  ist das musikalische und kreative Herz von ‚Jazz im Bergischen’. Silvia Merk, PR-Frau aus Leidenschaft, gründete mit ihm vor fünf Jahren den ambitionierten Bergischen Jazz-Workshop. Seitdem kommen Jahr für Jahr Größen der Szene ins beschauliche Neunkirchen-Seelscheid, um Amateuren und Semi-Profis an drei Tagen in verschiedenen Instrumentengruppen Musikalisches beizubringen. Die gebotene Qualität hat sich rumgesprochen: Die insgesamt 56 Teilnehmer reisen in diesem Jahr aus dem gesamten Bundesgebiet an, rhenag und RWE/innogy beteiligen sich als Sponsoren. Ein Highlight: Das Konzert der Dozenten am Vorabend des Workshops, das mittlerweile fester Bestandteil und über die Region hinaus bekannt ist.
Doch was treibt einen bekannten und weltweit konzertierenden Jazzmusiker nach Neunkirchen-Seelscheid? „Ich habe lange in Köln gelebt, das als Hochburg der Jazzmusik und führend in der Szene Deutschlands gilt. Es ist ja nicht weit weg und viele Musiker ziehen sich zurück aufs Land, fernab des Großstadt-Trubels. Auch mir hat es bei einem Besuch so gut gefallen, dass ich mich entschloss, hierzubleiben. Außerdem sind die Leute unheimlich nett hier und das Miteinander finde ich klasse“, lacht der 47jährige, der an der renommierten Essener Folkwangschule sowie den Hochschulen in Osnabrück und Wuppertal lehrt.
Geboren in Würzburg, wuchs Thomas Rückert in einem musikalischen Elternhaus auf, in dem er den Umgang mit Musik und seinem Instrument dem Klavier schon früh übte. Klavierunterricht erhielt er bereits im Alter von 7 Jahren, ergänzte diesen dann mit 16 Jahren noch durch Saxophon- und Schlagzeugunterricht. Mit 17 hatte er erste Klavierschüler, später auch Musikstudenten und übernahm die Fortbildung ausgebildeter Musiker. Sein Klavierstudium an der Musikhochschule Köln schloss er mit dem „Konzertexamen“ ab. Sein Bruder Jochen – ebenfalls gefragter Jazzer, allerdings am Schlagzeug – lebt in New York, der Metropole des Jazz. „Ich habe Jochen oft dort besucht, es ist immer inspirierend und bewegend für mich. Dennoch, leben möchte ich dort nicht“, so der überzeugte Neunkirchen-Seelscheider. Neben seiner Tätigkeit als Solo-Jazzpianist ist es vor allem das nach ihm benannte Trio, das ihm die künstlerische Entfaltung und Bekanntheit beschert. Ein Artikel auf Spiegel online huldigt das Trio als ‚erstklassige Künstler, (…) die für die Vielfalt des Piano-Jazz stehen“. Chapeau.
Vor Jazz hat man Respekt. Ein Genre, das unberechenbar daherkommt und im Hier und Jetzt passiert. Eine Nische, zu der nur wenige Menschen Zugang finden und dennoch werden es in letzter Zeit wieder mehr, das Publikum verjüngt sich, traut sich ran. Zum Glück. Lange haftete der Musikrichtung etwas Intellektuell-Elitäres an, das vor allem den Amateurmusikern Angst macht. Auch hier versucht der Workshop Barrieren abzubauen: „Wir wollen bei den Leuten Mut und Neugierde wecken einfach mitzumachen und loszulassen. Dafür ist der Standort hier sicher auch gut, weg von der anspruchsvollen Szene in Köln. Hier sind wir niedrigschwellig und wir geben allen Teilnehmern das Gefühl, willkommen zu sein und mitmachen zu können. Jeder kann Musik machen, auch Jazz. Wenn man sich ungefähr ein Jahr intensiv mit seinem Instrument beschäftigt, ist man über das Anfangsstadium hinaus und kann schon Standards und andere einfachere Stücke spielen. . Denn Jazz hat viel mit Gefühl zu tun.“
Thomas Rückert gilt als Feingeist der Szene, Improvisieren ist sein Programm ohne Drehbuch. Dem Pianisten geht es nicht um vordergründige Virtuosität, sondern das Erschaffen von warmen Klanglandschaften, in die man beim Hören eintaucht und sich dann mitnehmen lässt. Energie und Ruhe spielen eine große Rolle. „Kopf und Herz gehören in der Kunst und beim Musizieren unbedingt zusammen, besonders beim Jazz!“ Mehr unter: bergischer-jazz-workshop.de.