Richard Rogler kommt nach Windeck: „Gesetze einhalten, kann jeder – aber die Freiheit aushalten..?“

Herr Rogler, mir kam zu Ohren, dass Sie nur selten zu einem Interview bereit sind. Eine eigene Internetseite suchte ich vergeblich. Ich traue Ihnen zu, dass Sie auch „Rote Teppiche“ meiden, wenn Sie nicht gerade selbst einen Preis überreicht bekommen. Heute ist es eher üblich den eigenen Bekanntheitsgrad durch mediale Präsenz mit vielerlei Mitteln zu steigern. Nicht unwesentlich dürfte dabei auch der Wunsch nach ein bisschen Reichtum und Glanz sein. Was läuft denn da anders im Hause Rogler?
„Ich will nur meine Arbeit machen.“ Dies sagte Christoph Waltz nach seinem ersten OSKAR. Ich kenne diese Äußerung allerdings von ihm schon Jahre vorher. Vielleicht hat er den Satz auch von mir. Ich hatte damals 1985 bereits das Ensemble des Schauspiels Köln verlassen, um meine Kunst zu machen – er musste vertragsbedingt noch ein Jahr bleiben. Auf dem Weg von meiner Wohnung zu meinem Schreibbüro haben wir uns oft getroffen. Brüsseler Straße. Metzger-Imbiss. Im Haus daneben wohnte er mit seiner Familie. Ich weiß noch ganz genau, als er eines Tages völlig entgeistert zu mir sagte (Er kam gerade aus dem Kino und hat da wohl einen wunderbaren Film gesehen): „ Richard, was machen wir da so auf der Bühne? Wir stellen erstarrte Kamellen dar!“ Danach zog er nach London. Ins Ungewisse. Der Rest ist bekannt. Und das ist auch meine Einstellung. Mach erst mal gute Kunst, und meide die Außendarstellung. Heute ist es umgekehrt. Jeder, der meint, ein Mikrofon halten zu können, sitzt sofort in einer Talkshow. Degoutant…
Sie bezeichnen Kabarettisten als „Demokratiewächter“ und werden mit Ihrem Solo „Freiheit aushalten“ am 13. Oktober um 20 Uhr im Kulturzentrum „kabelmetal“ in Schladern dieser Aufgabe nachkommen. Der Begriff „Freiheit“ scheint in manchen Köpfen eher für diffuses Durcheinander zu sorgen. Planen Sie dieser Tendenz bei Ihrem Besuch in Windeck etwas entgegen zu setzen, oder führen Sie anderes im Schilde?
Ich bezeichne mich als einen Künstler, der stets als „Offizieller Sponsor der Demokratie“ unterwegs ist. „Gesetze einhalten, kann jeder – aber die Freiheit aushalten… ?
Eine sehr unangenehme Spezies scheint sich stark auszubreiten, nämlich „Weltenlenker“, die sich Frei(-c)heiten herausnehmen und damit gezielt Ängste und Unfrieden schüren. Wie ist Ihr Eindruck?
Da warten Sie bitte mal meine Vorstellung ab. Da wird es interessant.
Ihr Auftritt in Schladern wird einer der letzten sein, im Dezember soll Schluss sein mit dem Touren. Viele Künstler wünschen sich auf der Bühne zu sterben. Müssen Sie immer querschießen und die Rente mit 67 so bierernst nehmen?
Ich muss gar nichts. Ich bin seit 44 Jahren auf Tour. Davon muss ich mich als Rentner erstmal erholen. Solange der Körper will.
Woher kennen Sie Jürgen Orthaus, den Pressesprecher der KulturIniative Windeck?
Gestatten Sie mir eine kleine Reminiszenz, verbunden mit einer Laudatio auf Jürgen Orthaus, der den Kontakt für die Aufführung am 13. Oktober zu mir hergestellt hat. Der Jürgen war 1974 Gründungsmitglied unseres Kindertheaters „Ömmes & Oimel“. Studierter Jurist. Aber gleichzeitig weitblickender Künstler. Er war neben dem Kindertheater immer schon Filmer. Er war damals in Würzburg „Kult“. Als Promoter einer legendären, experimentellen Film-Show, die alle vier Wochen in einem großen Kino stattfand. Und ich darf sagen, dass alle Mitglieder der Zeit von damals, als wir aus dem Stand heraus zum erfolgreichsten Kindertheater, nach dem „Grips“ Berlin geworden sind, dass die noch Lebenden ihren aufklärerischen Kunst-Geist nicht aufgegeben haben.
Herr Rogler, vielen Dank für die Zeit, die sich genommen haben.