Große Begeisterung auf schmaler Spur

Vom „Rasenden Roland“ auf Rügen über die „Sauschwänzlebahn“ auf der Schwäbischen Alp bis zum „Kuckucksbähnel“ an der Weinstraße: Historische Eisenbahnen üben auf viele Menschen eine ganz besondere Faszination aus. Ob es die Begeisterung für die Technik ist, oder doch der heimliche Traum von fernen Ländern und Abenteuern, den die Bahnen durch ihre Verbindung zur „großen, weiten Welt“ schaffen – die Eisenbahn ist Heimat und Sehnsuchtsort zugleich. Bei uns in der Region ist es die Brötalbahn, mit der viele schöne Erinnerungen verbunden sind. Und die Eisenbahnenthusiasten wie auch technische Laien gleichermaßen in ihren Bann zieht.

Angefangen hat alles Mitte des 19. Jahrhunderts – mit einer Pferdebahn. Die wurde gebaut, natürlich nicht, um Menschen ins Rheintal zur Arbeit oder Sommerfrischler auf die waldreichen Höhen ins Bergische zu bringen. Die Brölthaler Eisenbahn (BTE) war von Anfang an ein „Arbeitstier“. Erdacht von Emil Langen, um vor allem Eisenerz und Kalk zu transportieren. Und gebaut von Friedlieb Gustorff, der sich die Tatsache zunutze machte, dass in den 1860er Jahren die Straße durchs Bröltal ohnehin gebaut wurde und bei der Gelegenheit die Schienen doch gleich mitverlegt werden konnten.

Frühmorgens am 27. Mai 1862 setzte sich schließlich der erste Zug in Hennef in Bewegung: Sieben Wagen, gezogen von Pferden auf der Spur von „zweieinhalb rheinischen Fuß“, also 785 Millimeter. Auf der gleichen Spur rollte noch im selben Jahr testweise die erste Dampflok über die Strecke. Ein Leihstück aus Oberschlesien, das die Betreiber offenbar so überzeugte, dass bereits ein Jahr später die erste eigene Lok für die BTE angeschafft wurde.
Ab 1869 durfte dann jedermann seine Frachten von ihr transportieren lassen, was die Brötalbahn zur ersten öffentlichen Schmalspurbahn Deutschlands machte. Und nur ein Jahr später konnte man auch als Fahrgast mit ihr reisen.
Mit den Expansionen nach Waldbröl, an den Rhein und in den Westerwald wuchs das Streckennetz auf eine Länge von mehr als 87 Kilometern. 1903 kam noch die Heisterbacher Talbahn zum Unternehmen hinzu. Und bis Mitte der 1920er Jahre war das „Bähnchen“ schließlich zum Unternehmen gewachsen mit über 700 Wagen und einem Frachtaufkommen von rund 400.000 Tonnen.

Auch der Personenverkehr nahm zunächst an Bedeutung zu. Für viele Menschen in der Region – und erst recht entlang der Strecke – wurde die Bahn zum täglichen Begleiter. In Bröl fuhr sie an manchen Stellen beispielsweise so nah an den Häusern vorbei, dass „kaum eine Handbreit Platz blieb“, wie Friedhelm Pützstück in seiner Geschichte der Brölbahn für die Festschrift „50 Jahre Heimat- und Verschönerungsverein Bröl“ berichtet. Die wohl „kleinste Schranke Deutschlands“ sicherte damals den „Übergang“ – sprich: Die Haustür der Familie Wirtz.

Überhaupt: Die Bahn und ihre Nutzer. Ein Thema, das in Zeiten von Online-Ticketverkauf, Hochgeschwindigkeitszügen und WLAN an Bord vor allem den jüngeren und jüngsten Lesern kaum noch glaubhaft zu vermitteln sein wird. Etwa, dass der Fahrplan hin und wieder dadurch ordentlich durcheinander gewirbelt worden sein soll, dass Bahnpersonal und Reisende schlichtweg noch nicht „bereit“ zur Abfahrt waren, weil sie einen kurzen Stopp des Zuges in der Nähe einer Gaststätte für einen kurzen Besuch an der Theke nutzten und dabei Maß und Zeit vergaßen. Oder, dass die Lokführer auch schon mal den Transport des Mittagsessens im Henkelmännchen für die andernorts beschäftigten Kollegen übernahmen, wie sich Albert Müller erinnert.

Lange ist´s her. Schon früh hatte die RSE begonnen, auch Omnibusse für den Personenverkehr zwischen den Ortschaften einzusetzen. Die waren flexibler, bequemer und konnten Haltestellen bedienen, die für die Menschen einfacher zu erreichen waren. Ab Beginn der 1950er Jahre zog sich die Eisenbahn aus dem Bröltal zurück und 1956 endete der Personenverkehr schließlich auch auf der Strecke zwischen Hennef und Asbach. Der Güterzugverkehr überlebte den fälligen Strukturwandel ein paar Jahre länger: Im Mai 1967 war auch für den Güterverkehr auf Schienen Schluss. Der bahneigene Omnibusbetrieb ging 1977 in der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft auf.

Als es vorbei war mit dem Schienenverkehr der Rhein-Sieg Eisenbahn, verschlug es einige Fahrzeuge zu anderen Bahnen. Die einzige erhaltene Dampflok, die Lok 53, wurde schließlich vom Bonner Eisenbahnfreund Wolfgang Clößner gekauft, der sie auf eigene Kosten optisch aufarbeiten ließ. Unterschlupf fand sie im Lokschuppen des ehemaligen RSE-Bahnhofs Asbach, den die Ortsgemeinde Asbach sanierte. Im Jahr 2000 eröffnete dort das Museum der Rhein-Sieg Eisenbahn.

Seitdem ist das Museum langsam, aber stetig gewachsen: Das Empfangsgebäude wurde renoviert und mit einer Ausstellung über die Bahn ausgestattet, der Güterschuppen saniert und ein Museumsverein gegründet. Die originale RSE-Diesellok V13 kam hinzu, ebenso der noch nicht restaurierte Triebwagen T2, Güterwagen und, vor wenigen Wochen erst, eine Dampflok der Basalt-AG Linz. An den Öffnungstagen können Groß und Klein bei trockenem Wetter mit der Gartenbahn über das Museumsgelände fahren. Auf dem eigenen Smartphone können sich die Besucher an vielen Stellen des Museums ansehen, wie es dort zu Bahnzeiten aussah. Zwei Ordner dick sind die Recherchen über ehemalige „Brölbähner“ – mancher Besucher entdeckt dort seinen Lokführer-Opa.

Immer mehr wird das Museum zu einem Ziel für Radfahrer, die entdeckt haben, dass man von Krautscheid nach Mendt, vor allem aber auf dem gut ausgebauten Weg von Buchholz nach Asbach auf der alten Bahntrasse radeln kann. Auch das Eiscafé am Asbacher Markt hat sich unter ihnen herumgesprochen.

Besonders gepflegt wird von den Museumsaktiven der Kontakt zu den Zeitzeugen. Die Museumsleute interessiert sowohl der Alltag bei der Bahn, auf dem Lkw oder dem Omnibus als auch die Anekdoten, zum Beispiel die von den Kartoffeln, die nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Lokomotivkohle versteckt über die Zonengrenze bei Krautscheid geschmuggelt wurden. Wer vom Bahn-, Lkw- oder Busbetrieb der Rhein-Sieg Eisenbahn erzählen kann oder Unterlagen oder Fotos hat, ist eingeladen, sich bei Ulrich Clees zu melden: 0228-2423365, ulrich.clees@museum-asbach.de. Unterlagen oder Fotos müssen nicht aus der Hand gegeben werden, sondern können vor Ort eingescannt werden. (red)

Geöffnet ist das Museum, sofern es die Pandemie-Lage zulässt, am zweiten Sonntag der Monate April-Oktober von 11-17 Uhr. www.museum-asbach.de. (jld)

Quellen: Clees, U., Schmalspurbahn mit Pioniergeist, in: Eisenbahn-Kurier 3/2018;
Pützstück, F., Die „Brölbahn“ – Geschichte und Geschichten, in: 50 Jahre Heimat- und Verschönerungsverein Bröl e.V.