„Fooss“ Hartmut Priess: Blick zurück in Dankbarkeit und Zufriedenheit

48 Jahre lang hat Hartmut Priess konzentriert und souverän den Bass bei den Bläck Fööss gezupft und Kölner Musikgeschichte mitgeschrieben. Anlässlich seines 78. Geburtstags blickt der Mitbegründer der Bläck Fööss, der seit 40 Jahren in Weiss wohnt, im Gespräch mit Stadtmagazine-Redakteur Hans Peter Brodüffel auf seine außergewöhnliche Karriere zurück.

Sie kamen 1951 aus Berlin nach Köln…

Ja, im Alter von neun Jahren. Köln war genauso zerstört wie Berlin. Es war sehr bedrückend. Mein Vater hatte als Diplom-Kaufmann eine Stelle gefunden. Er war zuerst am Neumarkt und dann am Ubierring beschäftigt. Für mich war der Umzug ein schmerzhafter Einschnitt, wie eine Amputation. Ich habe von einem Tag auf den anderen meine Freunde verloren. Fünf, sechs Jahre lang habe ich großes Heimweh verspürt.

Wie sind Sie in Köln zurecht gekommen?

Ich fühlte mich gut aufgenommen, auch wenn manches arg gewöhnungsbedürftig war. Damals herrschte in Köln noch ein harter Katholizismus. Am Gymnasium Kreuzgasse, das wegen Zerstörung in der Irmgardisschule untergebracht war, wurden wir in vier Gruppen eingeteilt: katholisch, evangelisch, Jungen und Mädchen. Kölsch war am Gymnasium verpönt. Ich habe es auf der Straße kennengelernt und schnell verstanden. Ich spreche es allerdings bis heute nicht, weil ich Angst habe, falsch zu betonen.

Welche Musik hat Sie vor den Bläck Fööss beeinflusst?

Texte fand ich immer sehr wichtig. Geprägt haben mich die Texte von Musikern der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung wie von Pete Seeger und Joan Baez. Anfang der Sechziger habe ich in einer Schülerband mit Peter Schütten Hits von Cliff Richard und den Shadows gespielt. Ende der Sechziger habe ich mich oft von Aufenthalten in Holland inspirieren lassen. Am Nordseestrand versammelten sich damals Jugendliche aus ganz Europa um zahllose Lagerfeuer und klampften die Hits aus England. Mit den Stowaways haben wir viele Lieder der Beatles und Hollies gespielt. Graham Bonney hat uns in einem Studentenkeller in der Bachemer Straße spielen hören und uns ermuntert, auf Kölsch zu singen, da wir gegen die Vielzahl der britischen Bands keine Chance hätten. Zu Graham habe ich übrigens heute noch Kontakt.

Wie blicken Sie auf Ihre 48 Jahre mit den Bläck Fööss zurück?

Ich blicke mit großer Dankbarkeit und Zufriedenheit zurück. Ich hatte das große Glück, die Musik machen zu dürfen, die mir liegt und mit der ich etwas beitragen kann, im Kleinen etwas bewegen zu können. Es ist das Geschenk meines Lebens, dass ich all die Jahre auch noch davon leben konnte. Mit den Black Fööss durfte ich magische Momente erleben. Viele unserer Lieder sind auch heute noch aktuell. So zum Beispiel das 46 Jahre alte „En unserem Veedel“. Aktuell durch die Gentrifizierung, also die Verdrängung der ansässigen Bevölkerung im Veedel durch wohlhabendere Bevölkerungsschichten.

Sie waren ja auch viele Jahre mit Musikprojekten an Schulen aktiv…

Ja, die haben mir immer viel Spaß gemacht. In den Chorprojekten an den Grundschulen ging es ja auch darum, die kölsche Sprache lebendig zu halten. In der Oberstufe konnte ich eine Stunde nur über den Hintergrund des Klassikers „Dat Wasser vun Kölle“ reden. Am 1. November 1986 brach in der Großhalle des Schweizer Chemieunternehmens Sandoz ein Großfeuer aus. Hochgiftiges Löschwasser floss in den Rhein, färbte ihn blutrot und löste ein bis dahin nicht gekanntes Fischsterben aus. Anlass und Hintergrund des Hits sind heute kaum noch bekannt. Wie gesagt, die Schulprojekte haben mir immer viel Spaß gemacht. Nach Corona würde ich gerne mit Bömmel und Kafi wieder in die Schulen gehen.

Das Kölnische Stadtmuseum zeigt noch bis zum 27. September die fabelhafte Ausstellung „50 Johr Bläck Fööss“ – mit viel Musik, witzigen Videoclips und einzigartigen Objekten aus dem Privatbesitz der legendären Formation. www.koelnisches-stadtmuseum.de