Die Tafeln in Hürth und Wesseling schlagen Alarm

Die Schlangen werden immer länger

Vor Beginn des Krieges in der Ukraine verzeichneten die Tafeln in NRW landesweit 350.000 Kundinnen und Kunden, jetzt sind es bereits über 500.000. Darunter sind viele neue, etwa Geflüchtete aus der Ukraine. Laut dem Landesverband der Tafeln NRW kommen auch Rentner wieder, die wegen der Corona-Krise ferngeblieben sind, da sie jetzt angstvoll auf die kommenden Energierechnungen warten. Wir haben die Tafeln in Hürth und Wesseling besucht und uns über die aktuelle Lage informiert.

von Hans Peter Brodüffel

„Wir sind gut durch die Pandemie gekommen, aber jetzt weiß ich nicht, wo das enden soll.“ Peter Gaebel, Leiter der Hürther Tafel in der Kölnstraße, berichtet von dem stärker werdenden Andrang seit dem Krieg in der Ukraine. „Die Schlange vor unserer Ausgabe wird immer länger.“ 910 Bedürftige in der Woche versorgt der ehemalige Berufssoldat mit seinen 30 engagierten ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Einmal in der Woche – montags, mittwochs oder freitags – können sich die Menschen Brotwaren, Obst, Gemüse und Milchprodukte abholen. Dafür müssen sie zur Deckung der Tafel-Betriebskosten acht Euro pro Monat bezahlen. An fünf Tagen in der Woche sind Ehrenamtler mit zwei Wagen in ganz Hürth unterwegs, um Lebensmittel von Supermärkten abzuholen. Gaebel und seine Helferinnen und Helfer sind begeistert von der Grundidee der Tafel, Lebensmittel zu retten und eine Brücke zwischen Armut und Überfluss zu bilden. Schatzmeisterin Christina Fuhrmann ist seit 2009 für die Tafel aktiv. „Ich wollte mich nach meinem Berufsleben sozial engagieren“, sagt die Rentnerin. Helferin Resi Bader ist bereits seit fünfzehn Jahren dabei: „Ich will geben ohne zu nehmen.“

Weihnachtsaktion der Wesselinger Tafel

Auch Angelika Schaefer, langjährige Leiterin der Wesselinger Tafel, verzeichnet seit dem Beginn des Krieges einen verstärkten Andrang. Anfangs habe es auch Aggressionen zwischen Russen und Ukrainern gegeben. „Das haben wir aber schnell unterbunden. Wir haben denen vermittelt, dass bei uns alle gleich behandelt werden“, erzählt die 66-Jährige. Die engagierte Ehrenamtlerin hat die Wesselinger Tafel, die erste im Rhein-Erft-Kreis, vor 23 Jahren mitbegründet. Gemeinsam mit 22 Helferinnen und Helfern versorgt sie Bedürftige mit Brot, Obst, Gemüse und Milchprodukten. An fünf Tagen in der Woche holen Helfer mit einem Sprinter die Waren von Wesselinger Supermärkten ab. Neben der Ausgabe in der Straße „Auf dem Mühlenberg“ gibt es auch die „rollende Tafel“, mit der Senioren und Menschen beliefert werden, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Für die Menschen und Familien, die Hilfe bei der Tafel suchen, wird es auch in diesem Dezember wieder eng. „Leider kann die Wesselinger Tafel nicht die Art und Menge an Lebensmitteln anbieten, wie wir es uns für die anstehenden Festtage wünschen würden. Deshalb bitten wir die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, an dieser Stelle einzuspringen und Lebensmittel in einer Form einer offenen Weihnachtskiste zu spenden“, sagt Angelika Schaefer. Mit dem Inhalt der offenen Kiste soll im weitesten Sinne ein Weihnachtsessen zubereitet werden können und die Küche soll über Weihnachten ein wenig gefüllt werden.