60. Bühnenjubiläum von King Size Dick

Zwischen „Soul“ und Ostermann

Vor sechzig Jahren stand Heinz Ganss, bekannt als King Size Dick, erstmals professionell auf Bühnen. Bis heute ist der Sänger aktiv und kann auf eine einzigartige Karriere zurückblicken. Wichtig ist ihm, dass die kölsche Sprache erhalten bleibt.

von Philipp Wasmund

Nach 60 Jahren schaut King Size Dick mit „Dankbarkeit“ auf seine Karriere zurück. „Ich möchte nichts ändern. Es war Freud und Leid dabei, auch mal trocken Brot“, erzählt er in seinem Haus in Erftstadt. „Jetzt bin ich ne Legende“, ergänzt er augenzwinkernd. „Das ist wunderbar. Ich freue mich sehr über die Wertschätzung.“ 80 Jahre ist der Sänger alt und steht immer noch auf der Bühne. Vor Kurzem hat ihm sein Freund JP Weber eine Jubiläumsveranstaltung im Gürzenich ausgerichtet. Da hat „Dick“, wie er von allen genannt wird, die Zuschauer überrascht, in dem er Seiten seiner Karriere gezeigt hat, die mancher Karnevalsfan gar nicht mehr auf dem Schirm hatte. Mit Produzent und Gitarrist Alex Parche wandte er sich Ende der 70er dem Punk zu. Als „Dick und Alex“ brachten sie unter anderem die Platte „Schweine in weißen Westen“ heraus. „Unser Video war so hart, das gab viel Ärger“, erinnert er sich lächelnd. Heute gilt er als die Stimme der kölschen Musik, die die Stadt mit „Soul“ besungen hat. Darunter die Kölner Version von „Sittin` on the dock of the bay“ oder „New York, New York“. Einem breiten Publikum wurde er bekannt, als er mit den Bläck Fööss alte Ostermann-Lieder interpretierte. „Die Idee entstand, als Hartmut Priess und ich eine ganze Nacht in einer Kneipe die alten Lieder sangen“, erinnert er sich. Es wurde ein Riesenerfolg. Die Lieder der 20er und 30er Jahre wurden durch ihre Interpretation einer neuen Generation bekannt gemacht.

Abenteuer unterwegs

King Size Dick erinnert sich gut, wie seine Karriere begonnen hat. „Als Jugendlicher sah es nicht so gut aus. Die Bundeswehr hat mich gerettet“, erzählt er. Als Soldat ging es nach Wales; ein großer Glücksfall. Hier wurden die jungen deutschen Soldaten zwar sehr kritisch gesehen, aber hier begann für den Kölner seine Karriere. „Es war bekannt, dass ich gerne singe. Kameraden fragten, ob ich in einer Beatband mitmachen möchte.“ So sang der junge Heinz Ganss nahezu jedes Wochenende für Kameraden auf deren Geburtstagsfeiern. Sein Künstlername entstand ebenfalls dort. Zurück in Deutschland schloss er sich weiteren Bands an. „Es gab so viele Läden, in denen wir auftreten konnten.“ Als die Beat-Ära ihr Ende fand, war das auch eine Auszeit für seine Musikerlaufbahn. King Size Dick war bereits zuvor als LKW-Fahrer aktiv gewesen. „Mir lag schon immer das Abenteuer, den Job habe ich gerne gemacht.“ Er fuhr neue LKW in den Nahen Osten, eine Tour, die als hochgefährlich galt. „Wir wussten, wir durften keine Fehler machen, sonst konnte das übel enden.“ Doch Sorgen machte er sich nicht. Stattdessen nahm er Kamelle mit und schmiss sie mit den Kollegen aus dem fahrenden LKW den Kindern entgegen. „Das war wie ein Karnevalszug durch die Türkei und den Iran“, sagt er lachend. Doch die Wirtschaftskrise beendete auch diesen Job. Was tun? Auf der Schildergasse traf er Tommy Engel, der als Schlagzeuger mit ihm in Beatbands gespielt hatte. Er erzählte von seinem neuen Karnevalsprojekt und fragte ihn: „Was machst du gerade?“ Engel bot ihm an, Fahrer bei den Fööss zu werden. „Ich dachte, Karneval kann man machen, das sind ja nur ein paar Tage im Jahr.“ Über seinen Irrtum muss er noch heute herzlich lachen. Große Festsäle meidet King Size Dick inzwischen, denn er bevorzugt die ruhigeren Veranstaltungen, bei denen die Texte mehr Aufmerksamkeit bekommen. Und er mischt sich immer noch gerne ein. In seinem neuen Rocksong „Jrad im Levve“ spielt er mit der Zweideutigkeit des Wortes „Krat“, also jemand der sagt was er meint, und dem „gerade“ sein. Er kritisiert neue Bands, die kölsche Songs nur aus kommerziellen Gründen singen. „Kölsch ist kein Dialekt, sondern eine echte Sprache“, betont er. Für ihn ist es auch ein Lebensgefühl. „Die La-la-la-Texte heutzutage stören mich. Die Geschichten aus dem Leben sind doch da. Man muss sie nur erzählen.“ Eine Zusammenstellung von Songs von King Size Dick erschien dieser Tage als limitierte Vinyl-Platte