Nachmittags-AGs im schulischen Ganztag

Gemeinsam aktiv statt Mittagstief

Vor zwanzig Jahren endete der Schultag für die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen noch zur Mittagszeit. Im heutigen Familienalltag sind jedoch meist beide Elternteile Vollzeit berufstätig und kümmern sich gemeinsam um Kinder und Hausarbeit. Die Nachmittagsbetreuung an den Schulen ist ein wichtiger Baustein für das aktuelle Familienmodell. Ein attraktives Angebot von Arbeitsgemeinschaften soll den Schülern neue Wissensgebiete erschließen und den Nachmittag aktiv und kreativ gestalten. Was wird angeboten, und welche Vorteile bietet die Nachmittags-AG?
von Daniela Vollbert-Weber

Arbeitsgemeinschaften als Chance

Das Wort Arbeitsgemeinschaft klingt zunächst nach Arbeit, bietet aber die Möglichkeit, sich in entspannter Atmosphäre Themen zu widmen, für die im Unterricht nur wenig oder gar keine Zeit vorhanden ist. Neue Interessenbereiche können entdeckt werden und klassenübergreifende neue Freundschaften. In meist kleinen Gruppen ist ein kreatives und individuelles Arbeiten möglich. Es gibt mehr Zeit für Experimente sowie künstlerische und handwerkliche Produktionen. Langfristige Projekte wie das Einstudieren von Theaterstücken oder die Vorbereitung eines Konzerts lassen sich in einer AG leichter realisieren. Eine umfangreiche AG-Auswahl macht eine Schule durchaus attraktiv, jedoch müssen Angebot und zeitlicher Rahmen von Schule und Schülern passen. Finanziert wird die Betreuung am Nachmittag zu einem sehr großen Teil durch freie Träger. Für die Umsetzung sorgen externe Honorarkräfte. Somit wird das Lehrpersonal nicht zwangsläufig mit der Durchführung von AGs belastet.

Vereinsarbeit an Schulen?

Wenn die Schüler ihre AGs wählen dürfen, sind Sportarten meist unter den Favoriten. Sport bietet die dringend benötigte Bewegung für die Schüler. Wer den ganzen Vormittag aufmerksam dem Unterricht folgt, ist am Nachmittag dankbar für die Möglichkeit, bei Sport und Spiel den Kopf wieder freizubekommen. Hier liegt eine große Chance für die ortsansässigen Vereine. Die, die ihre Jugendarbeit in die Schulen verlegen, können dringend benötigte junge Mitglieder gewinnen, die sonst kaum Zeit für Vereinssport finden. Sportkooperationen der Schulen mit Vereinen und externen Anbietern sind bereits gängige Praxis. Eine Ausweitung wäre wünschenswert.

Beispiele aus dem Rhein-Erft-Kreis

An der Erich-Kästner-Realschule in Brühl werden die Nachmittags-AGs „Talentkurse“ genannt. An drei Nachmittagen pro Woche finden diese, im Rahmen des gebundenen Ganztags, verpflichtend für alle Jahrgänge statt. Schulleiterin Carmen Schmitz gibt Einblick in das sehr umfangreiche Portfolio der Talentkurse für die derzeit knapp 490 Schüler. Und das kann sich sehen lassen: Imkern, Experimente, Orchester, Theater, Robotik, Geocaching und der „Ackerdemie“-Garten sind nur ein kleiner Teil des Angebotes. Die Erich-Kästner-Realschule ist eine MINT-Schule. Bei MINT stehen die Anfangsbuchstaben für die Wörter Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Viele Talentkurse aus dem naturwissenschaftlichen Bereich anzubieten, ist somit nur konsequent. Natürlich geht es auch sportlich zu an der EKR. Fußball, Selbstverteidigung und Schwimmen sind hierfür exemplarisch. An den Langtagen wird zusätzlich in der Mittagszeit eine „bewegte Pause“ angeboten. Die Turnhalle ist dann für alle geöffnet, und verschiedene Bewegungsaktivitäten werden angeboten. Wer möchte, kann sich also vor dem langen Nachmittag noch einmal richtig austoben.

Das Ville Gymnasium in Erftstadt besitzt ein regelrechtes Urgestein in punkto Arbeitsgemeinschaften, nämlich die ModelleisenbahnAG von Günter Hansen. Seit rund vierzehn Jahren besteht diese und gehört zu den Topfavoriten der Schüler. Nun mag Modellbau für manchen verstaubt klingen, die Anmeldezahlen sprechen eine andere Sprache. „Die Kinder sind hier ruhig und konzentriert bei der Sache“, betont Hansen. Das Kolping-Bildungswerk Köln ist Träger des erweiterten Ganztagsangebots und somit auch der Arbeitsgemeinschaften. Zurzeit sind neben der Modellbau-AG auch eine Fußball-, eine Basketball-, eine Koch- und eine WollAG mit kreativen Handarbeiten im Angebot. Jede AG hat 10-12 Teilnehmer. Uschi Hansen und Carola Sklarz leiten gemeinsam die KochAG. Schüler verschiedener Jahrgangsstufen bereiten gemeinsam eine Mahlzeit zu und lassen sich diese natürlich auch schmecken. Jungs sind beim Kochen überdurchschnittlich stark vertreten und vegetarische Speisen stehen hoch im Kurs. „Wir freuen uns über das rege Interesse der Schüler. Denn die AGs finden generell an den sogenannten Kurztagen statt, und eigentlich können die Schüler an diesen Tagen schon früh nach Hause. Wer trotzdem bleibt, hat auch richtig Lust auf die AG”, freut sich Uschi Hansen.

Die Hürther Grundschule im Zentrum legt großen Wert auf eine projekt- und werkstattorientierte Lernumgebung. Von den derzeit rund 270 Kindern besuchen 235 die OGS (Offene Ganztagsschule). Täglich wechselnd findet eine der vielen, verschiedenen Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag statt, und die Kinder haben die Wahl. Garten-AG, Tanz-AG, Handarbeiten, Tischtennis und Basketball. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Und – es ist nicht überraschend – die Angebote im sportlichen Bereich werden auch hier besonders gerne angenommen.