Haushalt der Stadt Erftstadt verabschiedet – „richtungsweisendes Jahr“

Mitte Dezember wurde der Haushalt von den Fraktionen gegen die Stimmen der SPD verabschiedet. Doch die Haushaltsreden zeigten auf, dass sich die Fraktionen in vielen Themenfeldern über die Entwicklung der Stadt nicht einig sind. In diesem Jahr werden die finanziellen Belastungen für die Erftstädter steigen.
von Philipp Wasmund
Bei der Vorstellung des Haushalts im Oktober letzten Jahres durch Bürgermeister Volker Erner und Kämmerer Dirk Knips wurde das Dilemma für Rat und Verwaltung deutlich. Ausgaben von 138 Millionen Euro stehen nur rund 124 Millionen Euro Einnahmen gegenüber. Kämmerer Knips erklärte, dass der Haushalt genehmigungsfähig sei, weil rechnerisch bis zum Jahr 2022 eine schwarze Null bei der Neuverschuldung möglich ist. Klappt dies nicht, wird die Stadt im sogenannten „Nothaushalt“ geführt. Damit würden Rat und Verwaltung teilweise die freie Entscheidung über den Haushalt verlieren. So war es nicht verwunderlich, dass in der Debatte die Ausgaben besonders unter Beobachtung standen. Gleichsam warb Bürgermeister Volker Erner für Verständnis: „Wir haben eine Fülle von Projekten vor der Brust, eine Menge Aufgaben zu stemmen, sehr umfangreiche Routineaufgaben zu bewältigen und viele zum Teil unangenehme Fragen zu lösen sowie Entscheidungen zu treffen.“ Im fünften Jahr in Folge wird die Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer umgesetzt. Eine weitere Anhebung soll es vorerst nicht geben, das machten alle Fraktionen in ihren Haushaltsreden klar. Auch die Abgaben für die Stadtwerke werden steigen. Mit der Erhöhung der Entgelte soll die Instandhaltung des Netzes ab sofort eingerechnet werden. Für die SPD Anlass zu Kritik. „Die Stadtwerke sind fast drei Jahrzehnte ohne diese Änderung der Abschreibung ausgekommen“, erklärte SPD-Fraktionsvorsitzender Bernd Bohlen schon im November.

Wo investieren?

In den letzten Jahren haben Kommunen immer mehr Aufgaben erhalten, wodurch mehr Personal benötigt wird. Im Rathaus ist es eng geworden und in vielen Büros sitzen die Verwaltungsmitarbeiter auf engem Raum zusammen. Der Bürgermeister warb daher für einen Anbau am Liblarer Rathaus und erhält dafür unter anderem von der SPD und der CDU Unterstützung. Thomas Schmalen betonte, „dass wir natürlich auch die zusätzlichen Anforderungen an das städtische Personal sehen und anerkennen.“ Der Fraktionsvorsitzende und Parteichef der CDU, erklärte aber, dass es zudem an der Zeit sei, grundsätzlich über die Personalstruktur in der Verwaltung nachzudenken. Dafür sprach sich auch Dr. Hans-Eduard Hille, Fraktionsvorsitzender der FDP, aus. Die Ablehnung des Rates des von der Verwaltung vorgestellten Stellenplans mit neuen Mitarbeitern sei seiner Meinung nach einmalig in Erftstadts Geschichte. Hille erteilte daher auch einem Rathausanbau vorerst eine Absage. „Für uns hat die Schaffung von Wohnraum Vorrang.“ Die SPD wählte besonders kritische Worte für die Personalsituation. Sie sehen die Ausweitung und Vergabepraxis von Beförderungen problematisch. Raymond Pieper von der Freien Wählergemeinschaft möchte im Rathaus sogar sparen. Er warb dafür, dass „die Verabschiedung von bestimmten freiwilligen Aufgaben diskutiert werden“ solle. Auch die bereits durch den Rat abgestimmte neue zentrale Stadtbücherei, derzeit wird eigentlich nur nach einen Standort gesucht, möchte die Freie Wählergemeinschaft hinterfragen. Sie sehen diese in der digitalen Welt nicht mehr als zeitgemäß an. Gleiches gelte für die Ausrichtung der Kita- und Schulplätze, die in Zukunft durch die Digitalisierung ihrer Meinung nach weniger Stellen nötig machten.

Künftig Prioritäten setzen

Die Gegenwart zeigt jedoch einen großen Mangel, vor allem an Kita-Plätzen, auf. Daher sollen mehrere Einrichtungen neu gebaut werden. Marion Sand, Fraktionsvorsitzende der Grünen, rechnete in ihrer Haushaltsrede vor, dass derzeit insgesamt 216 Plätze fehlten, um das Ziel von 45 Prozent bei der U3-Versorgung und 100 Prozent bei der Ü3-Versorgung zu gewährleisten. Die Finanzierung durch das Land sei dabei erkennbar nicht ausreichend. „Auch das eilig aufgelegte Kita-Rettungspaket in Höhe von 500 Millionen Euro – für Erftstadt sind dabei 1,28 Millionen Euro eingeplant – wird nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein“, so Sand.
Wie geht es mit dem Schulzentrum Lechenich weiter? Die SPD spricht sich für einen Neubau aus, die geplante Sanierung sei teuer und für die Einrichtungen über Jahre ein Manko im Wettbewerb um neue Schüler. Fortgesetzt werden die geförderten Maßnahmen des „Masterplan Liblar“, zu dem auch die Sanierung der Volkshochschule in der zweiten Jahreshälfte gehört. Kontrovers wird schon seit geraumer Zeit der Brandschutzbedarfsplan diskutiert. Darin wird auch beschrieben, ob alle Orte in Erftstadt in gesetzlich vorgeschriebener Zeit von der Feuerwehr erreicht werden können. Derzeit gibt es eine zweite Feuerwache in Lechenich, um dem Rechnung zu tragen. Ob diese wirtschaftlich ist, wird bereits seit langem thematisiert. Thomas Schmalen von der CDU brachte daher auch einen Neubau einer zentralen Feuerwache erneut ins Gespräch. An Millionenprojekten mangele es nicht, so Schmalen. „Deswegen müssen wir zwangsläufig Prioritäten setzen.“ Welche das sein werden, damit wird sich der Rat in den kommenden Monaten beschäftigen. Und ob es Fördermöglichkeiten gibt, darauf drängen die Fraktionen. Bürgermeister Erner stellte schon im Herbst fest: „2019 wird ein richtungsweisendes Jahr.“