Der Brühler Reiner Calmund feiert bald seinen 70.

Er ist ein Schwergewicht in der Öffentlichkeit – nicht nur, was seine Leibesfülle betrifft: Reiner Calmund ist überall präsent, ob als TV-Experte, als Zeitungskolumnist, als Talk-Gast oder als Buchautor. Der am 23. November 1948 in Brühl geborene Rheinländer hat die Gabe, sich kenntnisreich und unterhaltsam zu äußern. Das BRÜHLER MARKT MAGAZIN konnte Calmund zum bevorstehenden 70. Geburtstag, den er übrigens mit viel Fußball- und sonstiger Prominenz Ende November in seiner Heimatstadt feiert, ein paar Fragen stellen.
von CHRISTOF ERNST
Herr Calmund, Sie sind in Brühl geboren. Welche drei Begriffe fallen Ihnen ein, um Ihre Heimatstadt zu charakterisieren?

Reiner Calmund: In den ganz jungen Jahren die Gruhlwerker Arbeiter-Siedlung Kolonie 2, wo wir in einer kleinen Wohnung mit dem Klo übern Hof glücklich waren. Dann das Kloster Benden, wo mein Opa in der Landwirtschaft tätig war, und der Fußballplatz von Viktoria Gruhlwerk. Nicht vergessen darf ich das Phantasialand, wo ich vor rund 45 Jahren häufig mit meiner ältesten Tochter – damals 5 Jahre, im nächsten Monat 50 Jahre alt – zu Besuch war.

Wenn es Sie heute nach Brühl kommen, wie erleben Sie dann die Stadt?

Das ist meine Geburtsstadt, die wird immer eine Saite in mir zum Klingen bringen. Brühl hat eine Menge, auf dass es stolz sein kann, Schloss Augustusburg, das Max- Ernst-Museum und natürlich das Phantasialand, nach dem Kölner Dom wohl der größte Magnet im Rheinland.

Sie haben in den 1950er mit Ihren Eltern und in den 1960er Jahren oft bei Ihren Großeltern in Brühl gelebt. Was waren Ihre größten Erinnerungen?
Als knapp sechsjähriger Knirps hatte ich das Glück, 1954 den 3:2 WM-Sieg von Fritz Walter & Co. vor einem Mini-Fernseher im Werkskasino des Gruhlwerks mitzuerleben. Dann die goldene Hochzeit und der Tod von Opa und Oma Calmund. Und ganz wichtig war die unglaubliche Liebe meines Stiefvaters Jupp und der Stief-Großeltern Schäfer. Gemeinsame Ferien, vor allem im Bayrischen Wald und regelmäßige Besuche der ersten Mannschaft von Viktoria Gruhlwerk, waren ein wöchentliches Highlight.
Sie sind ein Genussmensch. Bitte verraten Sie uns Ihr rheinisches Lieblingsgericht?

Darüber könnte ich ein ganzes Buch schreiben. In meiner Brühler Kinderzeit konnten wir uns allerdings nur sonntags Fleisch erlauben. Also: Rheinischer Schweine- oder Sauerbraten mit Thüringer Kartoffelklößen und zum Nachtisch Götterspeise mit Vanillesoße.

Zum Sport: Sie haben Bernd Schuster, Rudi Völler, Michael Ballack und Ulf Kirsten nach Leverkusen geholt. Was unterscheidet sie von heutigen Top-Spielern? Waren sie kritischer oder angepasster?
Sie waren alles andere als angepasst. Die strotzten nur so vor Selbstvertrauen. Da gab es die eine oder andere Diskussion zu führen. Zu jederzeit gab es im Fußball verschiedene Typen. Manche wuchsen und wachsen auch erst in ihre Rolle hinein. Dazu kommt die veränderte Finanz- und Medienlandschaft. Wer heute als guter Profi einen Vier- Jahres-Vertrag unterschreibt, kann für sein ganzes Leben ausgesorgt haben. Und wer will, steuert über die sozialen Medien das, was er über sich an die Öffentlichkeit lassen möchte. Das gab es früher nicht.
Wenn sie die Wahl hätten: Wen würden Sie zu Ihrem 70. Geburtstag einladen?

Franz Beckenbauer, den größten deutschen Fußballer aller Zeiten, der auch als Trainer Weltmeister wurde und die WM 2006 nach Deutschland holte. Ihm wird in meinen Augen böse mitgespielt. Dann Konrad Adenauer, den Architekten der Bundesrepublik Deutschland, der als 78jähriger Kanzler wurde und es 13 Jahre blieb. Bill Gates, weil er das Leben auf unserem Planeten so nachhaltig verändert hat wie kein anderer. Eine ganz besondere Einladung würde ich meiner Mutter schicken, eine wundervolle und charakterstarke Frau. Trotz vieler Schicksalsschläge hat sie das Leben gemeistert und mich mit Konsequenz und viel Liebe großgezogen. Ich würde ihr gerne meine komplette Familie, vor allem die Kinder und Ur-Enkel, die sie persönlich nicht mehr kennenlernen konnte, vorstellen.