Wegweisende Entscheidungen
Ein bewegtes Jahr liegt hinter Erftstadt. Die Auswirkungen der Flut begleiten weiterhin Entscheidungen in Erftstadt und der städtische Haushalt wurde zunächst abgelehnt. Wie geht es weiter im Jahr der Kommunalwahl? Ein Blick zurück und nach vorn.
Philipp Wasmund
Bundesdeutsche Politik reichte im Januar 2024 deutlich bis nach Erftstadt. Unter anderem Politiker der AfD und prominente Neonazis trafen sich zum Strategietreffen, um ihre Pläne zur „Remigration“ zu besprechen. Ziel ist die massenhafte Ausweisung. In vielen Städten kommt es zu Protesten, in Erftstadt kommen zu einer spontanen Demonstration 1.400 Menschen auf dem Marktplatz zusammen. Unterstützt von vielen Vereinen und von Musiker Stephan Brings wurde ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit gesetzt. Eine Haushaltssperre wurde Ende 2023 in Erftstadt angeordnet, um nach zehn Jahren aus dem Haushaltssicherungskonzept entlassen zu werden. Der Erfolg der Maßnahme konnte nicht lange gefeiert werden, denn in diesem Sommer wurde ein neuer Haushalt verabschiedet, der kurz darauf von der Kommunalaufsicht abgelehnt wurde. Neue Sparmaßnahmen wurden daraufhin diskutiert, darunter die Schließung des Lechenicher Jugendtreffs und die Erhöhung der Grundsteuer. CDU, Grüne und FDP einigten sich schließlich für den Erhalt des Jugendtreffs, eine zusätzliche Stelle in der Jugendarbeit und für das Aussetzen der Steuererhöhungen für 2025. Der Plan sieht nun erst einmal Einsparungen vor. Der Masterplan Lechenich wird aufgegeben, genauso die Bücherei Liblar in bisheriger Form und Stellen in der Musikschule werden nicht nachbesetzt.
Neue Energie
Seit der Flut ist das 1964 gebaute Freibad in Lechenich ein „lost place“, ein verlassener Ort. Die Schwimmbecken des Schulzentrums, gebaut 1973, könnten bald folgen. Wie also weitermachen? Im Mai kann nach langen Beratungen ein Durchbruch erreicht werden. Das von Vereinen und vom Schulsport lange geforderte Kombibad soll nun Wirklichkeit werden. Zwischen Gymnich und Türnich findet am 5. Juni der offizielle Spatenstich zur Renaturierung der Erft im Beisein von NRW-Umweltminister Oliver Krischer statt. Aus dem heute 2,5 Kilometer langen Abschnitt wird eine 5,5 km lange neue Trasse mit Anbindung an die natürliche Aue entstehen. Dafür werden 280.000 Kubikmeter Boden bewegt. Auf diese Weise soll ein naturnaher Ort für Mensch und Tier geschaffen werden. Wilder Müll bleibt ein Thema. Ein besonders dreister Fall passiert im Juli. Unbekannte haben 80 Autoreifen in Friesheim in die Natur gekippt. Im August besucht Ministerin Mona Neubaur den neuen Windpark „Erftstadt A1“. Zwölf neue Windräder entstehen hier, die der Stadtkasse jährlich 100.000 Euro Einnahmen bringen sollen. Im September heißt es für viele Gläubige Abschied nehmen von ihrem evangelischen Gemeindezentrum in Friesheim. 1983 eingeweiht, nahmen viele nun am letzten Abendmahlgottesdienst teil. Symbolisch wurde die Entwidmung durch das Heraustragen der Osterkerze und dem Abbau des Taufbeckens begleitet. Auf dem Lechenicher Marktplatz baute im September der Künstler Muhsin Omurca drei Eisstelen auf, an denen er drei Schwimmwesten befestigte. Viele Passanten betrachteten das vergängliche Kunstwerk und kamen ins Gespräch über die Bedeutung. Mit Informationsveranstaltungen im September und November informierte die Stadt Erftstadt über den Stand des Hochwasserschutzkonzepts und wie es mit dem Erosionsbereich in Blessem weitergeht. In Workshops wurden Ideen der Bürger gehört. Das zuständige Ingenieurbüro erarbeitet nun bis 2026 einen Maßnahmenkatalog für Erftstadt. Nach Blessem müssen fast 400.000 Kubikmeter Erde hergebracht und der Ort verfüllt werden. Daniel Harms von der Stadt Erftstadt erklärte, dass bislang 140.000 Kubikmeter eingebaut wurden. Man werde rund anderthalb Jahre länger brauchen, da derzeit wenig unbelastete Erde auf dem Markt verfügbar sei. Neues Material falle bei den Erdarbeiten für den Bau der Hochschule des Bundes am Liblarer Villehang an und kann genutzt werden. In anderthalb Jahren sei damit zu rechnen, dass Wege an der Kiesgrube wieder freigegeben werden. Bis aus dem Gebiet ein Naherholungsgebiet werde, dauere es aber noch. Erst im Zuge des Tagebauendes in der Region soll dort ein See entstehen, das sei aber nicht vor dem Jahr 2070 möglich.
Die Kommunalwahl am 14. September 2025 wirft ihre Schatten voraus. Im April haben die Grünen mit Tommy Mewes ihren Bürgermeisterkandidaten nominiert und im November erklärte die CDU, erneut mit Carolin Weitzel ins Rennen zu gehen.